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Patientenquittung anfordern– soll ich, oder soll ich nicht?

Bei einem Antrag zu einer Personenversicherung stellt sich schnell die Frage: "Patientenquittung anfordern oder besser nicht? Warum nur ein Weg langfristig den Versicherungsschutz sichert und welche fatalen Folgen drohen, das lesen Sie hier im Beitrag.

Rücktritt, unterlassene Hilfeleistung und der Rat eines Clark Beraters

Wann Sie eine Patientenquittung anfordern sollten und warum es fatale Folgen haben kann, es nicht zu tun, das lesen Sie an den bei unseren beiden Protagonisten Max und Lisa. Wer wären Sie am Ende gern?

Sie habe schon einmal von einer Patientenquittung gehört? Nicht? Hier nachlesen. Wer aber nun die Überschrift liest, fragt sich nun wohl verwundert, was das eine mit dem anderen zu tun hat oder haben könnte.
Die Begriffe der Patientenquittung und Rücktritt der PKV lassen sich sicher noch irgendwie in einen Zusammenhang bringen. Dazu habe ich vor einigen Tagen bereits etwas veröffentlicht, was Sie im Beitrag zum „Rücktritt der PKV“ nachlesen können. Was jetzt aber die unterlassene Hilfeleistung und Clark damit zu tun hat, die Frage stellen sich wohl einige.

Wer Clark überhaupt ist, dazu einige Erklärungen in älteren Beiträgen zum „Online Versicherungsmakler Clark“. (dabei steht dieser nur exemplarisch für einige Kollegen, online wie offline)
Es geht um die alles entscheidende Frage:

Soll ich vor Antragstellung zur privaten Krankenversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung oder anderen Personenversicherungen meine Patientenquittung anfordern, oder besser nicht?

Was mich zu diesem Beitrag bewegt hat, ist überhaupt nicht ein spezieller Makler oder Kollege, sondern die Aussage eines Vertriebes an seine Mitarbeiter. Hier habe ich mittlerweile mehrfach identische Aussagen gehört. Einmal aufgrund eines persönlichen Kontaktes zu einem Berater in dem Haus und zum anderen am Wochenende von einem Kollegen, der wiederum selbst einen Berater bei dem Unternehmen kennt.

clark aussage an Mitarbeiter zur Einholung der Patientenquittung

Es geht um die „Glaubens“-Frage. Wenn ein Kunde dazu aufgefordert wird, in der Beratung die Patientenquittung der gesetzlichen Krankenkasse zu besorgen und damit seine Gesundheitshistorie und Krankenakte aufzuarbeiten, dann dauert das viel zu lange.
Schließlich könnte er in der Zeit, in der das getan wird, ja krank werden und aufgrund dieser Vorerkrankungen dann keinen Versicherungsschutz mehr bekommen.

Daher ist dies dann schließlich unterlassene Hilfeleistung, dem Interessenten, Antragsteller oder Kunden so etwas zu raten.
Hier geht es gar nicht um den, völlig falschen Sinnzusammenhang mit einer unterlassenen Hilfeleistung, den können Sie, juristisch relevant, hier nachlesen.

Mir geht es um die Frage:

„Hole ich die Patientenquittung ein und weiß damit vielleicht etwas Neues, was ich bisher nicht wusste, oder lasse ich es lieber?“

Welche Vorteile oder Nachteile hat das für mich? Wer den letzten Beitrag zur Patientenquittung oder zum Rücktritt gelesen hat, der weiß, wie wichtig saubere und vor allem vollständige Gesundheitsangaben sind, aber der weiß auch, dass es in der Abrechnung der gesetzlichen Krankenkasse immer wieder Diagnosen gibt, die der Kunde gar nicht hatte, die aber trotzdem in seiner Patientenquittung stehen, solche, die Sie vielleicht vorher nicht kannten.
Erst einmal schauen wir in das Gesetz, denn: „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“, sagt ein bekanntes Zitat. Unser maßgeblicher Paragraf, besser einer der einschlägigen Paragrafen, ist der § 19 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).

§ 19, Anzeigepflicht

(1) 1Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. 2Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

Aus dem „ihm bekannten Gefahrumstände“ könnten Sie auch lesen: Was ich nicht weiß, ist mir dann auch egal. Oder? Doch so einfach ist es nicht, denn der Gesetzgeber und die Gerichte setzten „intensives Nachdenken und Erinnern“ voraus und Informationen, an die ich mich nur dunkel erinnern kann, sollte ich nachfragen.
Nachdem Sie die Quittung abgerufen haben, wissen Sie nun vielleicht mehr von den Diagnosen, welche Sie gehabt haben, oder gehabt haben sollen. Dann stellt sich die Frage, ist es vielleicht besser, die Patientenquittung gar nicht abzurufen und frei nach dem Motto zu handeln:

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß und kann ich (muss?) auch nicht angeben?

Nun, da stellt sich das folgende Szenario dar und dazu stellen wir uns zwei Kunden vor, welche sich in der Überlegung für einen Abschluss einer Personenversicherung befinden und kurz vor der Antragstellung oder der anonymen Risikovoranfrage (was ist eine anonyme Risikovoranfrage?) befinden. Nennen wir sie Max und Lisa.

Max beantragt seinen Versicherungsschutz mit dem Wissen, welches er heute hat und woran er sich erinnern kann. Schließlich, so meint er, wird er sich an die „schlimmen Sachen“ schon erinnern. (Den Sonderfall, dass Menschen bestimmte Diagnosen oder Erlebnisse verdrängen, davon sprechen wir hier erst gar nicht.) Max weiß, dass er ein paar Arztbesuche hatte, und kennt auch die Diagnosen, oder glaubt es zumindest. Woran genau können Sie sich denn erinnern, wenn ich Sie heute frage: „Wann und wo waren Sie in den letzten drei oder fünf Jahren beim Arzt oder einem Heilbehandler? Wann waren Sie in den letzten zehn Jahren im Krankenhaus und warum?“

Lisa, unsere zweite Protagonistin, erinnert sich zwar auch an Arztbesuche, aber ist sich nicht ganz sicher und traut dem Frieden nicht so recht. Daher will sie lieber ihre Patientenquittung bei der gesetzlichen Krankenkasse anfordern, schließlich ist diese nur eine Mail, einen Brief oder wenige Klicks entfernt. Innerhalb einiger Tage liegt Lisa diese schon vor und sie schaut ungläubig auf die elf Seiten des, mit kleiner Schrift bedrucktem, Papiers.

Auszug aus der GKV Patientenquittung
Auszug aus der GKV Patientenquittung

Eins ist Lisa schnell klar, einiges davon hat sie nie gehört, hat ihr auch kein Arzt jemals so gesagt, da ist sie sich sicher, auch wenn sie sonst manchmal etwas schusselig ist. Aber bei der Frauenärztin war sie immer nur zur Vorsorge und jetzt soll sie an „Abnorme Befunde in Untersuchungsmaterialien aus anderen Körperorganen“ und einer akuten Belastungsreaktion leiden?
Klar hat Sie die Ärztin damals bei Beginn des Arztbesuches gefragt: „Na Lisa, wie geht es Ihnen so?“ und Lisa hatte wahrheitsgemäß geantwortet:

„Alles etwas stressig, wie es einem so in der Pandemie geht, mit Homeoffice in einer zu kleinen Wohnung, dem bevorstehenden Winter, der wohl schlimm werden soll.“

An das Gespräch kann sich Lisa noch ganz genau erinnern.
Gleich morgen wird sie mit der Ärztin sprechen und die Diagnosen klären. Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten.

Ich gehe zum Arzt und lasse mir bestätigen, was ich nicht hatte. Das ist jedoch manchmal gar nicht so einfach. Was, wenn der Arzt sich weigert, was, wenn es diesen nicht mehr gibt? Doch Lisa hat nach einigen Telefonaten und einem weiteren Arztbesuch Glück und daher: Gesagt, getan und am Ende folgt daraus folgendes Attest.

Arztattest bei falscher Diagnose in Krankenakte
Arztattest bei falscher Diagnose in Krankenakte

Auch andere Diagnosen machen etwas Bauchschmerzen, die hoffentlich zu keinem Arztbesuch führen. Wer wegen einer Erkältungskrankheit behandelt wurde und eine chronische Rhinitis in der Abrechnung findet, sollte auch hier handeln. All das macht Arbeit und kostet Zeit. Jetzt könnte es sein, dass im Gegensatz zu Max, der heute eine Beratung hatte und morgen einen Antrag stellen kann bei Lisa ein, zwei oder drei Wochen für diese Aufarbeitung vergehen und in der Zwischenzeit bekommt sie eine neue Erkrankung bekommt.

Das ist nicht von der Hand zu weisen. Aber ebenso wenig wie diese Möglichkeit krank zu werden in den letzten Jahren bestand und das nun einmal Lebensrisiko ist. Wir werden krank und wissen nicht wann, oftmals nicht warum und auch nicht wie lange es dauern wird. Klar hätte sich Lisa auch lange vorher um einen Optionstarif kümmern können, als sie noch versicherungspflichtig und jünger und gesünder war.

Lisa ist nun überzeugt davon, dass sie besser gehandelt hat und nicht, wie ihr Kollege Max, einfach schnell aus der Erinnerung einen Antrag ausfüllte. Denn schließlich hat dieser viel schneller einen Versicherungsschutz bekommen. Er hat schon seine Police in der Hand, da hat Lisa noch nicht mal alle Antragsunterlagen zusammen, um überhaupt eine Voranfrage zu stellen, eine, die sie gerne anonym stellen möchte. (mehr zur anonymen Voranfrage)
Beide kommen dann doch irgendwann zu ihrem Versicherungsschutz, Lisa knapp hält knapp fünf Wochen später auch ihre Police in der Hand. Dabei zahlt Lisa auch noch einen kleinen Zuschlag von fünf Prozent, weil es etwas gab, was sie nicht erinnerte und das auch stimmte.
Die anderen Sachen konnte sie erklären und mit ärztlichen Attesten und Unterlagen belegen.

Max ist freudig überrascht, denn er muss keinen Zuschlag zahlen, schließlich hatte er auch nichts und reibt seinen „Erfolg“ stolz Lisa beim gemeinsamen Kaffee in der Kantine unter die Nase. Beide arbeiten im gleichen Team und sind in gleichen Projekten und kennen sich einfach schon ewig.

Patientenquittung anfordern – Monate später die Überraschung

Es vergehen einige Monate, Monate der Pandemie, Monate mehr im Homeoffice und als es endlich wieder losgeht, überschlagen sich die Projekte. Jeder will etwas, alles muss gleich gehen und das Team ist kleiner geworden. Kollegen haben sich für vier statt fünf Tage arbeiten entschieden, einer ist nun auf Bali, alle anderen völlig überlastet. Der Chef verlangt zu viel, neue Projekte sind zu groß, Fachkräftemangel überall. Abschalten im Urlaub funktioniert auch nicht so recht, schließlich möchte Lisa die Kollegen nicht im Regen stehen lassen und so telefonieren beide häufig, auch als Max später in den Urlaub geht.

„Es wird auch Zeit, dass ich mal hier herauskomme!“, hat Lisa Max noch im Ohr. Der Rücken zwickt, für Sport keine Zeit und auch keine Lust am Abend, die Konzentration ist nun auch schon mittags dahin, klagt Lisa. Als Max zurückkommt, erholt wie er sein sollte, fällt er plötzlich aus. Drei, vier oder sechs Wochen, er weiß es nicht.

Als Lisa sich dann irgendwann auch zum Arztbesuch zwingt, hat der eine klare Diagnose. F32.1 liest Lisa auf dem Zettel, welchen der Arzt ihr mit einem dringenden Hinweis überreicht.

„Bleiben Sie zu Hause, ruhen Sie sich aus und besorgen Sie sich einen Termin zur Psychotherapie. Unternehmen Sie etwas, so geht es nicht weiter, sonst wird es ohne Medikamente und stationär eher schlimmer, das wollen Sie doch verhindern, oder?“,

sagt er mit ernstem Gesichtsausdruck.

Das wird schon wieder, denkt sich Lisa und auch Max ist sehr optimistisch. Beide sind gut krankenversichert und gehen zu den ersten fünf probatorischen Sitzungen (auch Probesitzungen genannt), auch wenn sie sich die Suche nach einem Therapeuten als privat Versicherte einfacher vorgestellt hatten.

Fast zeitgleich erhalten beide von der PKV ein Schreiben, etwas von Schweigepflicht und „wir können die Unterlagen für Sie bei den Ärzten anfragen“ steht da. (warum Sie das nicht tun sollten, hier nachlesen)
Da Max und Lisa schon etwas länger im Blog lasen und wissen, dass man so einen Brief nicht unterschreibt, aber die Unterlagen natürlich gern besorgt, tun sie das.

Schnell öffnet Lisa die Schublade, sucht etwas in ihren Mails und holt die Unterlagen heraus und schickt sie an den Versicherer. Sie denkt sich noch: „Wie gut, dass ich alles hier habe und mich nun nicht darum kümmern muss es zu besorgen“, denkt Lisa noch und fragt sich noch, ob Max wohl auch so ein Schreiben bekam.
Ja, hat er und Max schreibt indessen seine alte gesetzliche Krankenkasse an und bittet sie, die Unterlagen schnell zu schicken. Das dauert zwar zwei Wochen, ist aber nicht schlimm, denn die Behandlung bei den Psychotherapeuten geht ja derweil weiter. Als die Unterlagen eintreffen, schwärzt er all das, was nicht mehr in den Abfragezeitraum vor dem Antrag fiel, und keine Dauerdiagnose darstellt, und schickt diese Unterlagen an den Versicherer.

Ohne weiter darüber nachzudenken, denn schließlich ist er krank und muss sich ausruhen, meint sein Therapeut, den er nun einmal die Woche besucht. Einige Zeit später, neue Post der PKV. Max ist sehr überrascht, als der Versicherer mit weiteren Nachfragen und später mit einem Rücktritt um die Ecke kommt.

Der Rücktritt – die böse Überraschung

Warum will er zurücktreten, ich habe doch nichts gemacht und alles immer schnell und zeitnah beantwortet? Nun, da war diese somatoforme Störung in der Abrechnung, die irgendein Arzt irgendwann, irgendwie, irgendwo in seine Krankenakte gepinselt hat.
Das Problem an der ganzen Sache. So etwas hatte er tatsächlich nicht und er kann sich auch nicht mehr daran erinnern. Auch hat er die Worte „somatoforme Störung“ noch nie in seinem Leben gehört.

Soweit er sich an den Besuch, bei dem ersten Arzt, wo diese Abrechnungsdiagnose auftauchte, erinnerte, war er da kurz vor einem Jobwechsel. Max wollte nur ein paar Tage raus aus „dem alten Laden“, wie er sich erinnerte. „Ja, da war ich mal drei Wochen krank, dann ging es zur neuen Firma, aber ich hatte eigentlich nichts.“
Das wird sich schnell klären lassen, denkt er noch auf dem Weg und steht plötzlich da, wo einmal der Eingang zum Arzt war. Die Praxis ist geschlossen, anscheinend schon seit Monaten. Nun, denkt Max, der war ja damals schon fast in Rente, kann schon sein, dass Dr. F. nicht mehr arbeitet. Einen Nachfolger gibt es nicht, was in Zeiten von Praxissterben aufgrund des Alters der Ärzte durchaus wahrscheinlich ist.

Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor.

Faust I, Vers 354 ff.; Faust

…schrieb schon der alte Goethe und nun? Unser Max hat ein Problem und leider keine Lösung. Die Krankenakte, die er sich nach Schließung der Praxis über die Ärztekammer besorgen konnte, hilft da auch nicht weiter. Da steht nur:

„Patient hat Stress in der Firma. Kopfschmerzen, kann nicht sagen, was ihm alles wehtut, will nur noch raus dort. AU bis 31.7. und dann weiter sehen“,

kann er gerade so entziffern.

Wie löst er es? Schließlich hat er aktuell andere Sorgen, indem er sich mit seiner Psyche und Depression beschäftigt. Der Versicherer hingegen kann auch nicht viel anderes tun, denn dieser kann nur glauben, was er sieht. Im Fall von Max die Auskunft der GKV und, wenn er denn fragt und Max es schickt, die Akte des alten Arztes.
Klar weiß auch der Versicherer auch, dass damals, 2016-17 eine große Empörung durchs Land ging, als Krankenkassen die Ärzte zu sonderbaren Codierungen und damit Abrechnungsdiagnosen überreden wollten. Lange ist es her und schließlich gibt es den Arzt nicht mehr. Auch der neue Hausarzt, den Max seit seinem Umzug hat, kann hier nicht helfen und schaut dennoch gern einmal in seine Akte. Nochmals hatte er das nicht und attestiert dies auch für den Versicherer, doch dieser, der nun eine Kostenübernahmeerklärung für eine langfristige Psychotherapie geben, sieht seine Position ganz anders. Zu Recht!

Schließlich wird wohl etwas dran gewesen sein vor Antragsstellung und diese somatoforme Störung, könnte der Auslöser, der Anfang oder die Begünstigung der heutigen Beschwerden gewesen sein? Existiert ein Zusammenhang?
Dazu fand der Versicherer auch noch gleich zwei, drei andere Kleinigkeiten, die aber wohl keine so große Relevanz gehabt hätten. Also überlegt der Versicherer, noch rückwirkend einen Zuschlag anzubieten. Dies verneint er dann, denn schließlich steht die Psychotherapie an, und die kostet durchaus einiges Geld.

Hätte der Risikoprüfer bei Antragstellung von der somatoformen Störung gewusst, wäre es wohl keinesfalls zu der glatten Annahme oder zumindest zu weiteren Nachfragen gekommen. Wir haben bei Lisa gesehen, wie es richtig geht.
Klar zahlt sie einen Zuschlag für eine Erkrankung, die sie hatte oder ihrer Meinung nach auch nicht gehabt hat, die nun irgendwo in der Akte standen und niemand wieder herausnehmen wollte und konnte.
Jetzt stehen sie da, Lisa und der Max. Beide in der gleichen Klinik, beide mit fast identischen Behandlungen, nur der eine ohne Krankenversicherung. Jetzt können sie sich überlegen, auf welcher Seite oder der Haut welches Kunden sie jetzt stecken möchten.

Natürlich hätte Lisa in der Zeit, wo ihm der „nervige und genaue“ Makler gesagt hat: „Besorgt deine Krankenakte“, bis zur Antragstellung etwas passieren können. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht größer oder kleiner als die letzten Jahre und Jahrzehnte davor.
Hätte das einen Ausschlag gegeben? Ja, vielleicht hätte Lisa dann keinen Versicherungsschutz in der privaten Krankenversicherung bekommen, wenn sie sich am Morgen auf dem Weg in die Arztpraxis, zum Besorgung der Krankenakte, den „Hals gebrochen“ hätte.

Dann hätte sie aber weiterhin ihren alten Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenkasse gehabt.
Den hat Max nun auch nicht mehr.

Denn, wie in meinem Beitrag zum Rücktritt der Privaten Krankenversicherung genauer erklärt, ist nun auch das nicht mehr möglich. Bis vor wenigen Jahren wäre es über Ecken und Wege noch gegangen, aber ist auch der fünfundfünfzigste Geburtstag erreicht, ist auch der Weg recht schnell verbaut.

Aus diesem Grund überlegen sie gut, welchem glorreichen Rat von Vermittlern sie vertrauen und ob Sie sich lieber jetzt vor Antragstellung etwas mehr Arbeit und Aufwand machen und dafür abends mit einem ruhigen Gefühl schlafen gehen. Oder ob sie dies nicht tun und dann ein Problem in die Zukunft verlagern, in einen Zeitraum, wo sie krank sind, andere Sorgen haben und nicht noch fehlenden Versicherungsschutz brauchen.
Als kleine Anmerkung zum Schluss, es gibt immer wieder einige Vermittler, die dann auf einzelnen Gerichtsurteilen herumreiten, wo denn dem Kunden eine Kenntnis nicht zugerechnet wird.
„Wenn er denn doch diese nicht hatte“, heißt also das Argument.
Ist in vielen Fällen heißt es dann: „Fordere es nicht an, dann weißt du es nicht, dann musst du es auch nicht angeben.“

Dabei sind es Einzelurteile in besonders gelagerten Fällen. All denen sei aber gesagt: „Ja, das kann funktionieren“, und ja, auch gegen einen Rücktritt kann ich rechtlich vorgehen. Sollte man meist auch. Ich kann mir einen Anwalt suchen. Ich kann den Versicherer auf Rücknahme der Kündigung verklagen. Vielleicht kann sogar ich nach ein paar Jahren gewonnen haben.

In der Zwischenzeit aber, da habe ich keinen Versicherungsschutz oder muss in den Basistarif, zahle die Beiträge dafür und habe die reduzierten Leistungen.

Wenn ich hunderttausende Euro auf dem Konto habe und mir sicher bin, dass der Richter genauso entscheidet wie in den anderen Einzelfällen, nur zu! Nutzen Sie weiterhin alle Leistungen wie in ihrem alten Tarif und zahlen diese erstmal selbst, obwohl der Versicherer zurückgetreten ist. Danach verklagen sie ihnen auf Rückzahlung. Vielleicht gewinnen sie auch und Jahre später gibt es ein Urteil zu ihren Gunsten. Der Versicherer muss den Vertrag wieder rückwirkend in Kraft setzen, so als wäre nichts gewesen.

Vielleicht.

Auch wenn Sie derzeit gar keinen Antrag stellen wollen, oder den vielleicht schon gestellt haben: Die Patientenquittung anfordern und einmal genau überprüfen, kann auch in solchen Fällen nicht schaden. Wo und wie Sie diese bekommen, lesen Sie in meinem Beitrag: Patientenquittung anfordern.

Das Schlimmste daran, es ist Methode und die kann ich anhand diverser Fälle sogar Belegen. Heute haben mir zwei weitere Kollegen und ein Ex-Clark Berater noch einige Informationen „zugespielt“, das ist schon nicht mehr zu tolerieren, was da teilweise beraten wird. Sie sollten nie, niemals, nie im ersten Telefonat etwas unterschreiben. Suchen Sie sich eine Alternative, lesen Sie in Ruhe und lassen Sie sich ausführlich beraten.

Wer glaubt, eine Berufsunfähigkeitsversicherung mal so „nebenbei“ ohne Anrechnung alter Versorgungen oder eine private Krankenversicherung nach einer Stunde Beratung Verkauf schnell unterschrieben haben zu wollen, bei dem würde ich schnell auflegen, Mails sichern und das Weite suchen.

Ja, Vermittler, egal ob Makler oder Vertreter bekommen eine Courtage oder Provision. Schlecht beraten werden können Sie bei Provisionen, Courtagen und auch gegen Honorar. Hinterfragen Sie aber Aussagen, lesen Sie Bedingungen und vor allem im Antrag das, was Sie unterschreiben sollen. Das nur als dringender und gut gemeinter Ratschlag.

10 Kommentare

  1. Lieber Autor,
    ich hoffe Ihr Artikel gibt vielen Verkäufern die Möglichkeit ihr Hardselling neu zu überdenken. Ich gehe in jedem Punkt mit ihnen Dacore.
    Einen Wunsch hätte ich noch…
    Bitte kürzen Sie solche Artikel gern auf das Wesentliche. Es fällt schwer den “Protogonisten” zu folgen und es ist zu bezweifeln, dass alle Leser bis zum Ende durchhalten.

    • Danke für den Kommentar.
      Leider nein, in der Vergangenheit mehrfach versucht, aber dafür sind die Themen zu komplex.
      Wer es nicht “duchhält”, da tut es mir leid, ist jedoch nicht sinnvoll anders zu lösen.

  2. Ich finde Ihren Artikel, zu 100 % zutreffend, ich gehe diesen Weg sowohl in der Krankenzusatz als auch Krankenvollversicherung, weil ich in meiner 27 jährigen Laufbahn ebenfalls schon mehrfach mit Rücktritten zu tun hatte. Oftmals, muss ich sagen, bleibt der Eindruck, dass der Kunde wissentlich Erkrankungen verschwiegen hat. Ich berate auch fair bezüglich der Altersgrenzen und für eine PKV sehe ich ab 40-45 ernste Bedenken, ob der Wechsel wirklich sinnvoll erscheint. Und eine Sache noch zum Schluss, die Politik und der Gesundheitsfonds zwingt in meinen Augen die Ärzte durch die vorgegebenen Abrechnungsrichtlinien oftmals schon fast dazu Scheindiagnosen abzurechnen, um überhaupt noch Geld für eine erbrachte ärztliche Leistung zu erhalten. Und genau aus diesem Grund empfehle ich jedem Kunden die Patientenquittung anzufordern, weil er NIE wissen kann: Warum ein Arzt so oder so abgerechnet hat.
    Ich lese übrigens ihre Tipps und Ratschläge sehr gern, vielen Dank dafür.

    • Danke für den ausführlichen Kommentar und auch für die „Blumen“.
      Am Ende stellt sich aus Sicht des Beraters und des Kunden die Frage, will ich ein vermeintliches Problem jetzt, wo ich notfalls in der GKV bleiben kann, oder später, so ich dann erst ohne und dann im Basistarif lande.

  3. Ich danke Ihnen vielmals für Artikel wie diese.
    Es wird einem klar, dass man gute Arbeit macht, wenn man einfach die gesamte Patientenquittung ausliest und bei jedem Arzt ein Attest anfordert.

  4. Guten Tag Herr Hennig,

    vielen Dank für diesen spannenden Beitrag.

    Was ist denn, wenn man bei Abschluss einer PKV Vollversicherung wissentlich oder aus Versehen eine bereits bestehende z. B. Krankentagegeld-Versicherung, eine Auslandsreisekrankenversicherung, eine Pflegetagegeld-Versicherung oder einen Optionstarif bei einem anderen Versicherer NICHT angibt?

    Und was passiert, wenn man diese Versicherungen/Tarife bei Antragstellung einer auf eine PKV Vollversicherung angibt? Werden Anträge auf PKV Volltarife abgelehnt, nur weil man schon woanders mit solchen Zusatzversicherungen versichert ist?

    Wenn man bereits eine PKV Vollversicherung hat und später eine der o. g. Versicherungen abschließen möchte: Muss man diese Anschlüsse dann der PKV nachmelden?

    Viele Grüße

    • Hallo,

      „oder einen Optionstarif bei einem anderen Versicherer NICHT angibt?“

      Bei dem bestehenden Vertrag muss es nachgemeldet werden, wenn der Versicherer es geregelt hat, kann aber auch sein, dass er darauf verzichtet.

      „Werden Anträge auf PKV Volltarife abgelehnt, nur weil man schon woanders mit solchen Zusatzversicherungen versichert ist?“

      nein

      “Muss man diese Anschlüsse dann der PKV nachmelden?”

      Auch das ist abhängig vom Tarif. Gerade im Krankentagegeld durchaus abhängig von den Regelungen.

      • Hallo Herr Hennig,

        danke für Ihre Antworten. Sie sagten, dass die Angabe z.B. einer privaten Krankentagegeld- oder Pflegetagegeldversicherung nicht zu einer Ablehnung bei Abschluss einer PKV-Vollversicherung führe. Warum fragen die PKVen dann sowas bei Antragstellung ab? Da kann es doch schon zu Ablehnungen kommen, oder?

        Und eine weitere Frage:
        Wenn ich einen PKV-Volltarif als Selbstständiger, gut verdienender Angestellter oder Beamter abschließen möchte, macht es dann nicht Sinn, einen günstigen Optionstarif gleichzeitig abzuschließen, um den PKV-Umfang um mehr Flexibilität zu erweitern?

        Wie ist es, wenn ich schon als Schüler oder Student einen günstigen Optionstarif bei der Versicherung XY abgeschlossen habe: Kann ich den dann nach Abschluss einer PKV-Vollversicherung beim selben oder einem anderen Versicherer behalten? Ich stelle mir vor, dass der Optionstarif sich quasi nach Nutzung der Option “auflöst” und seine Funktion verliert. Was ist aber, wenn ich bei guter Gesundheit einfach auf direktem Weg per neuem Antrag (obwohl ich beim selben Versicherer einen Optionstarif habe) die PKV-Vollversicherung abschließe? Dann wurde der Optionstarif ja nicht genutzt und würde sich nicht “auflösen”, oder?

        Viele Grüße

      • Guten Tag,

        angefragt wird es, um zum Beispiel bei KT eine Überversicherung zu prüfen.

        zur 2. Frage
        Optionstarif zur KV Voll geht in den meisten Fällen nicht parallel. zudem haben viele Voll Traife eigene Optionsrechte

        zur letzten Frage mit dem Schüler,
        das kommt auf die Bedingungen der Option an. Meist enden diese dann

  5. Hallo Sven,
    ein super Beitrag von dir!

    Erst letztens hatte ich wieder einen Fall, wo die Kundin zu mir meinte “meine Freunde müssen da alle gar nicht so Gesundheitsfragen beantworten und mussten nur einfach angeben *Check Up* mehr nicht. Warum muss ich hier eigentlich so viel machen mit Akte etc, Bei meiner BU damals habe ich so was übrigens auch nicht gemacht, da meinte der Berater meiner Eltern, man muss gar nichts angeben”
    Kundin aufgeklärt mit allem drum und dran und dann war das AHA – Erlebnis schon da.
    Wo ich leider das große Problem sehe ist, dass viele Kollegen von uns selber nicht wissen, wie man es richtig macht und leider dem Umsatzdruck unterliegen. Diese sehen dann nur das schnelle viele Geld was man mit einer PKV oder auch BU Beratung verdienen kann, aber nicht welche Auswirkungen es für den Kunden hat.
    Im Umkehrschluss muss ich aber auch sagen, ist es vielen Kunden bzw. Interessenten nicht bewusst, welche Fallen dort liegen. Denn wenn sie es wüssten, würden es (fast) alle auch machen wie “Lisa”.
    Ich denke, es wird immer die eine Sorte an Vermitteln oder Beratern geben, wie es auch die eine Sorte von Kunden geben wird. Man kann nur hoffen, das viele Kollegen von uns diesen Beitrag lesen und den Kunden einfach helfen, es richtig zu machen statt immer nur auf den Verdienst zu schauen.

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