Home: online-pkv.de » PKV BU Blog » Krankenversicherung » Private KV » Risikovoranfrage – Ablauf und das Vermittlerproblem

Risikovoranfrage – Ablauf und das Vermittlerproblem

Zugegeben, es wird ein kleiner »Rant« auf einige Verfahrensweisen durch Vertriebe und Kollegen. Die anonyme Risikovoranfrage ist elementar in der Biometrie, damit aber nicht das sinnlose Anfragen bei Gesellschaften nach dem Prinzip Gießkanne. Das kann es nicht sein und schadet allen. Kollegen, die so arbeiten, die schaden Kunden, machen es für alle schwer und sorgen dafür, dass Kunde eine schlechtere Versicherbarkeit bekommen.

Warum das Gießkannenprinzip einiger Kollegen ins Chaos führt

Normalerweise schreibe ich Beiträge für die Augen und Ohren von Kunden, Interessenten in der Privaten Krankenversicherung und Berufsunfähigkeit, oder manchmal auch einfach so, weil mir ein Thema auf den Nägeln brennt. Dazu hört auch das Thema Risikovoranfragen – Ablauf und vor allem die aktuelle Situation bei Gesellschaften. Hieran sind diese aber nicht allein schuld, viele Kollegen, die „besonders gut für Ihren Kunden meinen“, vergrößern das Problem massiv.

Auch wenn ich mir sicher nicht nur Freunde mache mit diesem Beitrag, das muss jetzt einmal raus und liebe Kollegen, kommentiert gern einmal unter dem Beitrag, vielleicht sehe ich das ja auch ganz falsch.

In einigen Beiträgen habe ich hier im Blog schon den Ablauf und die Abwicklung von Risikovoranfragen erklärt. Das muss und will ich hier nicht alles wiederholen und lässt sich gern hier nachlesen.

Risikovoranfrage – wie ist denn das, mit der Speicherung?

Zunächst müssen wir einmal mit einigen Mythen aufräumen und vor allem auch damit, dass es in der PKV eine „böse Datei“ gibt, in der alle Anfragen gespeichert werden. Das ist falsch und Unsinn. Die gab und gibt es in der Privaten Krankenversicherung nicht.

Super, dann braucht es doch gar keine anonyme Voranfrage?“, doch, die braucht es, aber aus ganz anderen Gründen, zu denen kommen wir gleich noch.

In der Praxis sollten wir drei unterschiedliche Varianten unterscheiden, welche alle zu einer Bewertung des Risikos in der PKV und/ oder Berufsunfähigkeitsversicherung führen.

Unterschiede bei der Antragstellung

Antrag direkt stellenAntrag / Angebot anfordern (Invitatio)anonyme Risikovoranfrage
AblaufAntrag wird mit kompletten persönlichen Daten ausgefüllt
Alle Risikodaten sind auszufüllen, auch alle Gesundheitsangaben
Antragsteller „lädt den Versicherer ein“ ein Angebot nach Prüfung des Risikos abzugebendurch diese Anfrage gar nicht, es muss dann ein Antrag nach einem Modell gestellt werden
Wann kommt der Vertrag zustande?Sobald der Versicherer den Antrag annimmtnach Zustimmung des Kunden, Versicherer unterbreitet nach „Einladung“) (Invitatio) ein Angebot zum Vertragsabschlusses ist eine anonyme Anfrage, ein Vertragsabschluss erfolgt nicht
Kann der Versicherer Ärzte anfragen?Ja, falls eine Entbindung der Schweigepflicht erteilt ist, können Arztanfragen gehalten werdenJa, falls eine Entbindung der Schweigepflicht erteilt ist, können Arztanfragen gehalten werdenNein, der Anfragende ist ja anonym. Der Versicherer kann beim Vermittler Informationen nachfordern, diese muss aber der Kunde beim Arzt besorgen.
Werden meine Daten gespeichert? Wo?Ja, der Versicherer MUSS die Antragsdaten speichern und nach DSGVO verarbeiten. Ja, der Versicherer MUSS die Antragsdaten speichern und nach DSGVO verarbeiten. Ja, können aber keiner Person zugeordnet werden, je nach Versicherer erfolgt die Speicherung einige Monate als anonyme Anfrage. Meist mit einer Nummer oder dem Geb. Datum.
Kann ich meine Daten löschen lassen?Die Antrags- und damit persönlichen Daten müssen nach gesetzlichen Fristen gespeichert werden
Besteht der Vertrag laufend, bleiben diese Daten gespeichert
Die Antrags- und damit persönlichen Daten müssen nach gesetzlichen Fristen gespeichert werden
Besteht der Vertrag laufend, bleiben diese Daten gespeichert. Kommt der Antrag nicht zu Stande, kann Löschung beantragt werden.
Nein, da diese nicht auf eine Person zurückzuführen sind
Wann kommt der Vertrag zustande?Sobald der Versicherer den Antrag annimmtnach Zustimmung des Kunden, Versicherer unterbreitet nach „Einladung“ (Invitatio) ein Angebot zum Vertragsabschlusses kann kein Vertrag allein mit der anonymen Risikovoranfrage zustande kommen
Unterschiede zwischen Antragsmodell, Invitatio und Risikovoranfrage

Risikovoranfrage – Gießkanne vs. dezidierte Anfrage

Nachdem nun der Unterschied zwischen den Varianten klar ist, kommen wir zu dem eigentlichen Problem. Nehmen wir als Beispiel einen bekannten und großen Krankenversicherer. Wie funktioniert da eine solche Risikoprüfung und was passiert dann?

Zuerst schickt der Vermittler selbst, der Vertrieb, der „KV Spezialist“ oder die Risikoabteilung eines Maklerpools eine Risikovoranfrage heraus. Bei unserem Versicherer sind das so ca. 600 Anfragen, welche dort täglich eingehen.

Mit dieser Mengen muss ein Unternehmen auch umgehen und natürlich möchte man weder einen kleinen Einzelmakler, noch einen großen Vertrieb verschrecken. Das hat aber zur Folge, dass Vermittler, aber besonders auch große Risikoabteilungen von Onlinevermittlern wie Clark, Maklerpools oder Check24, einfach mit der Methode Gießkanne die Anfragen über die Versicherer auskippen.

Irgendjemand wird den Kunden schon versichern

Egal ob der Tarif passt, egal ob der Kunde überhaupt potenziell zu der Gesellschaft will. Es ist auch egal, ob die Tarife vielleicht gar nicht zu dem Kunden und seinen Anforderungen passen, es wird einfach einmal alles an Gesellschaften angefragt, was nicht bei Drei auf dem Baum ist, sein E-Mailpostfach geschlossen hat.

Was schätzen Sie denn, wie hoch ist die Quote, wie viele Anträge (und damit auch Verträge) werden aus einer solchen Zahl an Voranfragen? Zehn, fünfzig, achtzig Prozent? Was glauben Sie? (ich löse das ganz am Ende auf, überlegen Sie einmal weiter)

Das heißt also auch, Gesellschaften brauchen Schritte und Strategien, wie diese Informationen und Anfragen zu bewältigen sind. Dabei ist es einigen Vermittlern völlig sch…egal, denn es wird einfach alles mit »Nein« beantwortet, denn es ist alles nicht so schlimm. O-Ton aus einer E-Mail eines Interessenten, der nun doch nicht mehr so ein gutes Gefühl hat:

Er rief in der Zentrale an und fragte nach, dann teilte er mir mit, dass er eine Fotokopie machen würde und sie (die Allianz-Zentrale) meine Krankenakten einsehen würden. Er sagte mir auch, ich solle mir keine Sorgen machen, solange ich in den ersten zwei Jahren keine Rechnungen einreiche, sei es ihnen egal. Ich habe danach nichts mehr gehört.

PS: ob da wirklich vom Vertreter angerufen wurde, wage ich zu bezweifeln, hier mehr zu solcher Vorgehensweise

Dieser »Typ« hätte eine anonyme Anfrage machen sollen, hat er aber nicht und seinen Kunden ins Unglück rennen lassen.

yoda viel zu lernen du noch hast

Qualität und Quantität

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein Auto. Dabei brauchen Sie Platz für sich, Ihre(n) Partner(in), zwei Kinder. Das Auto brauchen Sie schnell, also innerhalb der kommenden drei Wochen, ihres ist defekt. Ihr Budget liegt bei max. 40.000 €.

Glauben Sie jetzt, es ist sinnvoll, wenn der Autoverkäufer die Verfügbarkeit für ein zweisitziges Cabrio anfragt, oder ein Auto, welches 100.000 € kostet, beide wären aber doch morgen lieferbar!

Sicherlich wäre solche Anfrage vergebene Liebesmüh, oder wie mein sehr direkter Kollege Walter Benda sagen würde, einfach Schrott.

Leider werden genau so Voranfragen gemacht.

Vermittler, Pools und vermeintliche Risikoexperten und KV Spezies in Vertrieben sind schlichtweg zu faul, sich eingehend mit einer Voranfrage zu beschäftigen. Da werden dann einfach zehn, zwanzig Tarife oder Gesellschaften angefragt, mindestens die Hälfte davon passt aber auf den Kunden gar nicht.

Frei nach dem Motto “Fiss oder strib”

Das bedeutet auch, bei den Risikoprüfern landen völlig unstrukturierte Anfragen. Da werden GKV Patientenquittungen (die sehr wichtig sind und angefordert werden müssen), völlig unaufbereitet, völlig ohne weitere Erklärungen an einen Risikoprüfer geschickt.

Dabei ist diese Art Anfrage gefährlich, denn so gebe ich Informationen auch zu ungeklärten Abrechnungsdiagnosen heraus, kann Beschwerden nicht erklären oder weiter aufarbeiten. Auch werden somit mehr Ablehnung produziert. Jemand mit einer GKV Akte von 38 Seiten, den wird ein Prüfer schneller ablehnen. Selbst wenn es alles banale Kleinigkeiten waren, stellen sich hier andere Fragen bei so häufigen Arztbesuchen. Zudem gebe ich Informationen an den Versicherer, zu Zeiten, nach denen gar nicht gefragt wurde.

Risikovoranfrage – warum dauert es so lange?

Die Zeit, bis zu der eine Rückmeldung kommt, dauert somit immer länger. Das liegt aber auch daran, dass Vermittler nicht in der Lage sind, aussichtslose Kunden gar nicht erst anzufragen. So gibt es bei Größe und Gewicht bei den Gesellschaften Grenzen. Einen Kunden mit einem BMI von 36, brauche ich einfach in der PKV nicht anzufragen.

Das setzt aber voraus, dass Vermittler wissen, was Sie denn tun. Wissen aber viele leider nicht.

Auch gibt es bei allen Gesellschaften Diagnosen, welche dort einfach nicht versicherbar sind. Entweder, weil Gesellschaften sich in der Vergangenheit mal die Finger verbrannt haben, oder einfach bestimmte Risiken nicht wollen. Beispiele gefällig?

Ablehnungsdiagnosen – fragt es doch nicht x-Mal an, es GEHT NICHT

Dieser Rat geht besonders an besonders schlaue Kollegen, solche, die meinen, wenn ich dreimal anfrage und am besten noch das Gewicht ein wenig frisiere, muss es ja irgendwann klappen.

So kann ich mir bei der Hallesche eine Anfrage mit Asthma sparen, die versichern es einfach nicht. Barmenia macht das oft dann trotzdem, mit Zuschlag. Wiederum lehnt die Signal/ der deutsche Ring „Morbus Schlatter“ ab, auch wenn es im Kindesalter war und keine wirklichen Probleme macht. Barmenia und Reflux bei laufender Medikation ist dort, ebenso wie die Fettleber fast immer ein K.O.

Hallesche Tool Risikoprüfung
Hallesche Tool Risikoprüfung

Das kann ich aber alles nur wissen, wenn ich Ahnung von dem habe, was ich da tun will. Haben leider viele Kollegen nicht und beraten die PKV trotzdem. Um es, nochmal ganz deutlich zu sagen (wieder mit den Worten von Walter), es ko..t.. mich an.

Nicht nur Kunden werden so verbrannt, weil natürlich keineswegs Anfragen nur anonym gemacht werden, sondern auch RisikoprüferInnen kaputt gespielt.

Was ist die Konsequenz? Vermittler A, B, C, der keine Ahnung oder wenig davon hat, richtet Schaden für den Kunden an, bekommt weitaus schlechtere Einschätzungen und produziert lange Bearbeitungszeiten. Der ganze »Müll« an Anfragen muss ja auch irgendwie abgelehnt werden.

Die qualifizierten Kollegen, welche das sehr gut und sehr umfangreich aufbereiten, dem Kunden Hilfestellungen geben, zum Arzt schicken, Klarstellungen besorgen, Fragebögen ausfüllen und damit gute Entscheidungen ermöglichen, die haben das Nachsehen.

Und das alles deshalb, weil sich auch Gesellschaften nicht trauen zu einzelnen Anbindungen zu sagen: „Behalte deine aussichtslosen Anfragen“. Dann aber in Kauf nehmen, dass gute Vermittler und Kollegen diese meiden, weil sie nicht zehn Tage auf eine Anfrageentscheidung warten wollen.

Risikovoranfrage – wie wird es besser?

Anfragen, wenn das Produkt überhaupt passen kannWie bei meinem Auto-Beispiel vorhin. Wenn klar ist, es ist ein Produkt mit welchem der Kunde nicht glücklich ist, warum fragt Ihr (liebe Kollegen) dann trotzdem an?
Damit ihr dem Kunden zeigen könnt, dass ihr die beste Entscheidung aus siebenundreißig Anfragen gemacht habt? Geht es Euch besser dann?
In Stufen anfragen!

Pasende Gesellschaften und Tarife zuerst auswählen.
Mal einen Blick in die Medizin gewagt? Wenn Ihr zum Arzt geht mit simplen Kopfschmerzen, ist da ein Öffnen des Schädels und “mal nachschauen” die richtige Wahl? Ne, ok. Dann…
Warum nicht erst die relevanten und am besten passenden drei, meinetwegen auch vier oder fünf Tarife oder Gesellschaften anfragen? Die, die zumindest eine therretische Chance haben, auch in die engere Wahl zu kommen
Lest Ablehnungsdiagnosen, Prüft den BMI!Beschäftigt Euch doch in Gottes Namen bitte wenigstens ein bisschen mit den Gesellschaften und deren Besonderheiten.
Viele tolle Kollegen machen das genau so. Das weiß man eben nach einer gewissen Zeit, bei wem welche Diagnosen eben Ablehnungsdiagnosen sind, die brauche ich dann da auch nicht mehr anzufragen.
Auch einen BMI kann durchaus jeder allein ausrechnen. Größe geteilt durch Gewicht zum Quadrat.
OK, Mathe liegt nicht jedem, aber das wird noch gehen, oder?

Was kann der Vermittler tun?

Anfragetools darf man auch nutzen!Gesellschaften haben teilweise auch Anfragetools. Da erwartet niemand, dass Ihr hier alle Diagnosen püft, aber große, schwere Krankheiten, dauernde Behandlungen oder einen BMI wird doch jeder Vermittler hier einmal eingeben können?
Ablehnungsdiagnosen selbst sammelnExcel ist kein Hexenwerk. Ein Notizblock auch nicht!
Wer öfter Anfragen macht, egal ob Krankenversicherung oder Berufsunfähigkeit, der wird schon einige an Ablehnungsdiagnosen erlebt haben.
Auch in Telefonaten mit Risikoprüfern kommen oft Aussagen wie “das versichern wir so nie”. SCHREIBT ES AUF, dann braucht man solche Diagnosen nicht wieder anfragen!
Beschäftigt Euch mit Medizin und DiagnosenMakler, Vermittler sind keine Mediziner und das muss auch niemand werden. Viele spezialisierte Kollegen (auf BU, PKV, Biometrie) kennen sich aber dennoch gut aus.
Medizin ist nicht Versicherungsmedizin, und eine kleine Diagnose (auch ohne große Beschwerden) kann zu Risikozuschlägen führen (hier nachlesen warum).
Risikozuschläge bewerten, erklären und dann entscheidenNachdem die ersten Einschätzungen und Ergebnisse da sind, gilt es diese zu bewerten. Sind es alles Ablehnungen, stellt sich die Frage warum. Sind die Zuschläge hoch? Warum?
Ansonsten ist es hilfreich, ggf. dann weitere interessante Tarife zu überlegen oder anzufragen. Aber eben sinnvoll und mit Auswahl anfragen und nicht einfach sinnlos ohne eigenen Arbeitsaufwand und mit großem E-Mailverteiler alle anfragen.

Riskovoranfrage – und jetzt?

Anfragen, wenn es sinnvoll ist und nicht, weil es einfach ist, eine unqualifizierte Risikovoranfrage an dreißig Versicherer zu schicken.

Ich schulde Ihnen ja noch die Auflösung von vorhin. Circa zehn Prozent aller Anfragen, (bei einigen sogar deutlich weniger) werden am Ende auch zu einem Antrag.

Ein Hoch auf das Paretoprinzip!

Ich habe große Hochachtung vor jedem/r Risikoprüfer(in), wüsste ich, dass neunzig Prozent meiner Arbeit für die Tonne wären, ich könnte mich wohl nicht jeden Tag motivieren.

Ein Kommentar

  1. Danke für die klaren Worte, den Einblick, Durchblick und Verständnis. Hoffen wir dann mal, das es mehr so umsetzen werden! Es sind die richttigen Ansätze und der Durchführungsweg den man sich von KV-Beratern /- Verkäufern genau so wünscht. Danke für den Beitrag! Alles gesagt und auf den Punkt gebracht!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner