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Heilmittel, Physiotherapie und die Abrechnung in der PKV

In diesem Beitrag schauen wir uns die Preise für krankengymnastische Übungen und physiotherapeutische Behandlungen genauer an und sehen an einem Praxisbeispiel, wie immense Unterschiede zwischen privat und gesetzlich krankenversicherten Patienten zustande kommen.

Drei Preise für eine Leistung? Was Sie bei der Erstattung bedenken müssen!

Die Heilmittel, zudenken auch die Physiotherapie dort die Krankengymnastik gehört, sind ein entscheidender Baustein in der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung. Sowohl GKV als auch PKV versicherte Patienten brauchen irgendwann in ihrem Leben einmal eine solche Versorgung. Das kann ein einfacher Unfall sein, oder es kann sich auch um komplizierte Behandlungen nach einem Schlaganfall handeln.

Die Physiotherapeuten leisten hierbei einen großen Beitrag und hervorragende Arbeit dafür, dass der Patient wieder aktiv am Leben teilnehmen kann. Das kann auf der einen Seite die Wiederherstellung von Bewegung sein, auf der anderen Seite aber auch das angeleitete Training, um wieder Muskeln aufzubauen und somit wieder in den normalen Alltag zurückzukehren.

Heilmittel – was gehört dazu und welche Verzeichnisse gibt es?


Anders als Kosten für ärztliche Leistungen, welche nach der Gebührenordnung für Ärzte und den dort genannten Steigerungsraten berechnet werden dürfen, ist das in der Physiotherapie und der krankengymnastischen Leistung nicht so. (Lesetipp: Was darf ein Arzt berechnen und wie?)
Bei den Heilmitteln gibt es kein Preisverzeichnis oder eine Gebührenordnung, was es in der Abrechnung zwischen Patient, Praxis und privater Krankenversicherung oftmals schwierig macht. Jetzt könnte man auch meinen, dass in Großstädten mit einem höheren Einkommensniveau die Kosten andere sind und auf dem Land weniger Geld dafür bezahlt werden muss. Schließlich ist das Lohnniveau zum Beispiel hier in Mecklenburg Vorpommern ein geringeres im Vergleich zu Ballungszentren und Großstädten.

Physiotherapie – warum drei unterschiedliche Preise?

Vor einiger Zeit war mein Sohn bei einer Physiotherapie. Der Hintergrund der Behandlung war ein gebrochener Ellenbogen und dieser sollte nach Ruhigstellung wieder mobilisiert werden. Eine solche physiotherapeutische Maßnahme ist dringend erforderlich, um keine bleibenden Schäden zu hinterlassen. In der Kleinstadt, wo ich lebe, gibt es neben einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung eine Reihe von Physiotherapeuten. Da das Krankenhaus verkehrsgünstig liegt und er somit neben oder nach der Schule direkt dorthin gehen kann, vereinbarte ich Termine in der dortigen Physiotherapieabteilung.
Hier war ich selbst oft in Behandlung und bin sehr zufrieden. Ich möchte daher ausdrücklich betonen, dass die Mitarbeiter dort einen großartigen Job machen und die Leistungen mit der viel Einsatz und Engagement erbringen.

Heilmittel, Verordnung von Krankengymnastik
Verordnung eines Heilmittels, Krankengymnastik

Interessant ist jedoch die Preisgestaltung des Sana Krankenhauses und im Anschluss die interessante Argumentation. Wie überall gibt es auch hier preisliche Unterschiede zwischen dem PKV und GKV Patienten. Glaubt man den Vorurteilen, bekommt der Privatversicherte deutlich schneller einen Termin und wird schnell damit „besser“ gestellt. Er muss nicht so lange warten und manchmal dauert sogar die einzelne Behandlung länger. Wenn dem so ist, also wenn es schnellere Termine und längere Behandlungsdauer gibt, dann ist es auch durchaus legitim, einen höheren Preis zu verlangen. In unserem Falle stellt sich das wie folgt dar.

Honorarvereinbarung vor der Behandlung

Bei der Vereinbarung der Termine für die Anwendung der Heilmittel wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass die üblichen Formulare ausgefüllt werden müssen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um

  • eine Datenschutz Vereinbarung
  • die Zustimmung zur Abrechnung über eine Verrechnungstelle
  • eine Honorarvereinbarung zu den Gebührensätzen der Heilmittel

Dieser sehr transparente Weg gefällt mir sehr gut. Wissen doch alle Beteiligten vorher schon, was abgerechnet werden soll und so war es auch hier. Ich bekam all diese Unterlagen vorab zur Unterzeichnung. Doch kurze Zeit später ergaben sich daraus interessante Rückfragen. Es gab nicht nur zwei Preise, also den Preis für gesetzlich Versicherte (gegebenenfalls mit Zuzahlung) und den Preis für privat Versicherte, sondern drei unterschiedliche Preisstufen. Spannend ist dabei insbesondere, dass die Privatpatienten, welche Restkosten versichert sind andere Preise zahlen. Restkosten bedeutet, der Staat oder das Land als Dienstherr des Beamten zahlt einen Teil der Kosten. Die restlichen (Rest-) Kosten zahlt der Versicherer der PKV.

Heilmittel Honrarvereinbarung Krankengymnastik
Heilmittel, Honorarvereinbarung für eine Krankengymnastik

Warum nun der PKV vollversicherte Kunde andere Preise zahlen sollen als der Restkostenversicherte, scheint unlogisch. Was hiervon die PKV erstattet wird, ist bei beiden Varianten abhängig von den entsprechenden Tarifen und Regelungen im Vertrag. Dagegen ist auch überhaupt nichts einzuwenden, denn ich muss nicht jede Leistung, die ich bezahlen muss, auch entsprechend rückversichern. Durch Selbstbeteiligung reduziert sich die Prämie und durch verringerte Leistungen in meinem Tarif spare ich oft Beitrag und zahle mehr selbst. Interessant ist aber die Argumentation des Krankenhauses. Nach einem durchaus freundlichen Gespräch und längerem E Mail Verkehrs kamen wir zu dem Ergebnis, dass das Krankenhaus hier bewusst drei unterschiedliche Preise berechnet.

GKV versicherter Kunde: 21,43 € VDAK Preis, hierzu kommt eine Zuzahlung von 10€ pro Rezept + 10% (also 2,14 €)
Beihilfepreis: 30,84 € (25,70 € + vergleichbare Zuzahlung – im Beispiel 20%)
Privatpreis: 43,00 €

Kosten bei der lokalen Physiotherapie

Der gesetzlich versicherte Kunde zahlt für die Krankengymnastik einen Beitrag von knapp 26 €. Das ist ( soweit ich das beurteilen kann) wahrscheinlich deutlich weniger, als so eine Behandlung in Wirklichkeit kostet. Für den Behandler somit ein staatlich diktierter Verlust und für das Krankenhaus nur bedingt rentabel. Auf der anderen Seite gibt es einen Preis für die Privatversicherten, solche ohne Beihilfeanspruch. Diese zahlen für die gleiche Behandlung einen Beitrag von 43 €. Der Privatpreis könnte nach der Auffassung der Physiotherapeuten Berufsverbände noch höher liegen, denn VDAK Satz * 1,8 – 2,3fach wäre hiernach denkbar.

Bedeutet Krankengymnastik (KG) VDAK-Preis = 21,43 € x 2,3 = 49,29 €

Jetzt kann man lange darüber diskutieren, ob der große Preisunterschied richtig und berechtigt ist und ob der Versicherer entsprechende Leistungen hierfür erbringen muss. In der Krankenversicherung gibt es unterschiedliche Regelungen:

  • Keine Begrenzung der Heilmittel
  • prozentuale Begrenzung der Heilmittel (zBsp. 80 oder 90% Erstattung)
  • eigene Preisverzeichnisse bei 100% Erstattung (was auch Eigenanteile bringt)
  • Begrenzung auf beihilfefähige Höchstsätze
  • oder eine Kombination aus mehreren Punkten

Eine Begrenzung auf „beihilfefähige Höchstsätze“ können auch in Tarifen enthalten sein, welche gar nichts mit der Beihilfe zu tun haben. Das kann den Vorteil haben, dass solche Tarife kostenmäßig begrenzt und damit besser zu kalkulieren sind und sich trotzdem ein anpassbare und veränderbare Preisverzeichnise im Hintergrund befindet. Interessant ist hierbei jedoch der dritte Preis.

Komme ich als Privatpatient in die Physiotherapie des örtlichen Krankenhauses und teile mit ich bin beihilfeberechtigt, bekomme also einen Teil meiner Kosten vom Staat und die anderen Kosten von meiner privaten Krankenversicherung, dann zahle ich plötzlich nur 30,84 statt 43,00 €. Interessant ist das deshalb, da exakt die gleiche Leistung erbracht wird und auch die Terminvergabe gleich gut oder gleich schlecht funktioniert. Es gibt also hier, anders als bei dem gesetzlich Versicherten keinerlei Unterschiede. Nur deshalb, weil der Dienstherr oder das Bundesland, der Bund oder der Staat sich hier anteilig an den Kosten beteiligt, stellt das Krankenhaus und die dortige Physiotherapie auch nur diese Sätze in Rechnung?

Es gibt also nicht zwei Patientegruppen, sondern drei. Gesetzlich versichert für ca. 26 € inkl. Zuzahlung und Rezeptgebühr, Beihilfe versichert für 30,84 € und für Privatversicherte 43,00 €. Bei den beiden letztgenannten reden wir über 100 % identische Leistung, aber über über +30 % Prämien. Unterschied. Auf die Rückfrage, warum das denn so sei und mit welcher Berechtigung, folgt die Aussage: “Das sei so, weil die beihilfefähigen Sätze nun mal so begrenzt sind.”

„Wohlgemerkt, dies ist eine Beihilfe zu einem „normalen Preis“. Der Innenminister, als oberster Dienstherr, hat eine Erhebung durchgeführt und festgestellt, dass die Beihilfe für einen Preis gilt, der im „Normallfall“ bedeutet, dass dieser 20% höher ist als die Beihilfe. Somit sollen die Beamten nicht besser gestellt sein, als der „normale“ Kassenpatient, denn diesem wird ja ebenfalls eine Selbstbeteiligung von ca. 20% zugemutet.

Wählt der Patient einen Behandler der darüber liegt, zahlt dieser die Differenz dazu. Wie bereits angesprochen, gibt es auch hier solche Fälle und diese führen dann zu Eigenanteil und Ärger bei den betroffenen Patienten. Gerade wer viele Leistungen bei den Heilmitteln braucht und vielleicht nur einen Behandler in der Nähe hat, der teuer ist, der hat schnell ein entsprechendes Problem. Aber dennoch sollen und müssen auch hier bei den Behandlern Kosten gedeckt werden und Preissteigerungen ausgeglichen.

Heilmittel – drei Preise, eine Leistung?

Auf meine Rückfrage, wie es denn sein kann, dass der Privatversicherte ohne staatlichen Beihilfeanspruch mehr zahlen soll im Vergleich zu einem beihilfeberechtigten Beamten kommen schnell ausweichende Aussagen. Schließlich gebe es keine Begrenzung auf übliche Kosten und das Krankenhaus könne berechnen, was es für richtig hält. Das stimmt auch grundsätzlich, denn wie angesprochen gibt es keine solche Gebührenordnung. Ich habe auch grundsätzlich kein Problem damit mehr zu zahlen, wenn es dafür eine verbundene Mehrleistung gibt. Ich habe ein Problem damit, wenn man versucht, einem privatversicherten Beamten und einem privat versicherten Angestellten unterschiedliche Preise für die gleiche Leistung zu berechnen.

Dazu wurden gleich unzählige Urteile hinterhergeschickt, welche gegen die private Krankenversicherung ergangen sind und wonach ganz deutlich werden sollte, dass der Versicherer hier der Böse ist. Ungeachtet der Tatsache, dass diese Urteile alle sehr alt waren und man natürlich nur die rausgesucht hat, die für einen positiv sind, könnte man hier auch mit Rechtsprechung in die andere Richtung argumentieren. Das ist aber gar nicht der Punkt und hilft uns auch nicht weiter, denn der Kunde bekommt eine Rechnung, reicht sie bei seiner privaten Krankenversicherung ein und nur die wenigsten Tarife haben keinen weitere Begrenzung.

Viele dieser Tarife haben mittlerweile ein eigenes Preisverzeichnis. Das kenne ich vorher, weiß also, welche Kosten mein Versicherer erstattet und kann mich bewusst bei dem Behandler über deren Kosten informieren.
Wenn ich nun aber weiß, ein Behandler bietet die Leistung für 30 € an und mein Tarif zahlt vielleicht 35,00 € maximal, dann passt das gut und ich brauche keine Eigenanteil zu leisten. Wenn aber das Krankenhaus plötzlich auf die Idee kommt, weil es keinen Beihilfeanspruch gibt, mir 43,00 € zu berechnen, so überschreite ich diesen Höchstsatz deutlich.

Eine Lösung wäre eine Mischkalkulation und der faire Ansatz von 23 € für die gesetzliche Krankenkasse und aufgrund schnellerer Termine und längerer Behandlungsdauer im Zweifel 38 € für alle Privatversicherten. Das Krankenhaus hat hier unzählige Urteile aufgelistet, die ich am Ende des Beitrages einfach als Aktenzeichen anführe. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, die gleiche Anzahl von Urteilen zu suchen, die in die andere Richtung entschieden haben. Klar muss aber sein, dass es hier nicht um die mehr Behandlung oder um eine Mehrleistung geht, sondern um die exakt gleiche Dienstleistung für zwei unterschiedliche Preise.

Heilmittel – was können Sie tun?

In der Praxis ist es in fast allen Fällen so, dass eine psychotherapeutische Leistung mit einer Terminvereinbarung durchgeführt wird. Heißt aber auch, dass Sie bei der Terminvergabe direkt nach dem Preis für die Leistung fragen können und diese mit Ihrer privaten Krankenversicherung oder Ihrem Tarif abgleichen. Fragen Sie durchaus nach, ob es unterschiedliche Preise für Beihilfeberechtigte oder selbst privatversicherte Kunden gibt. Wenn Sie den Preis für die Leistung kennen, können Sie in Ihrem Tarifverzeichnis (wenn es denn ein solches gibt) oder bei Ihrem Krankenversicherer vorab nachfragen, welche Kosten auch deren seiner Sicht angemessen sind.

Hat Ihr Tarif keine Begrenzung auf ein Gebührenverzeichnis oder eine preisliche Limitierung für bestimmte Leistungen, so kann der Versicherer dieses auch nicht kürzen.

Heilmittel – Kürzung durch die PKV auch ohne Tarifregelung?

Leider haben wir aktuell einige Unternehmen, die eine solche Begrenzung nicht in den Tarifen vereinbart haben und trotzdem anfangen, hier Preise zu kürzen. Aus Sicht des Versicherers ist das zwar verständlich, denn man möchte hier nicht übermäßige Preise zahlen, welche sich dann negativ auf die Beitragsentwicklung auswirken. Auf der anderen Seite ist es nicht vertraglich vereinbart. Um es mit den Worten des Therapeuten zu sagen: „Ich für meinen Standpunkt empfinde es immer so, dass jemand bei mir einen Mercedes kaufen will, aber nur den Panda bezahlen kann/will.“

Und wenn wir dann solche Formulierungen:

Für das Heilmittel wurde ein höherer als der übliche Satz berechnet. Wie angekündigt konnten die Kosten daher nicht vollständig berücksichtigt werden. Die Preisgestaltung sollte sich an den Beihilfesätzen orientieren. Sogar darüber hinaus berücksichtigen wir Preise bis zu XX,XX EUR für die Behandlung a 45 Minuten.

Diese Aussage ist löblich für die Kostenentwicklung und ein netter Versuch Leistungen für das Kollektiv zu begrenzen. Aber: So geht es dennoch nicht.

Wenn der Versicherer bei der Kalkulation und dem Schreiben der Tarifbedingungen eine solche Begrenzung nicht hat, dann kann er diese nachträglich nicht einführen. Ein großer Vorteil der privaten Krankenversicherung ist es gerade, dass vertragliche Leistungen über die Zeit hinweg garantiert werden. Daher steht es Ihnen frei (und das sollten Sie auch tun) einer solchen Kürzung zu widersprechen und auf die vollständige Erstattung zu bestehen. Auch für die Zukunft kann der Versicherer in so einem Tarif keine spezielle Begrenzung vornehmen. Angekündigt war hier übrigens weder etwas, noch sollte sich etwas an der Beihilfe orientieren. Beides ist im Tarif nicht vereinbart, ganz klar.

Natürlich können Sie mit Ihrem Behandler einen günstigeren Preis vereinbaren. Haben Sie aber einen Tarif ohne Preisbegrenzung, muss der Versicherer auch die höheren Kosten übernehmen. In einem weiteren Blogbeitrag in den nächsten Wochen schauen wir uns einen konkreten Fall an und beleuchten einmal den durchaus großen Unterschied

Heilmittel – daran sollten Sie denken

Wenn Sie also eine Physiotherapie benötigen, denken Sie bitte an die folgenden Punkte.

  • Fragen Sie Preise ab.
  • Vergleichen Sie Preise von unterschiedlichen Therapeuten.
  • Prüfen Sie Ihren Tarif und ein bestehendes Preisverzeichnis oder den Bezug auf beihilfefähige Kosten.
  • Fragen Sie die Kosten vor Beginn der Behandlung an!

Die Versicherer erteilen in der Regel sehr unkompliziert und schnell telefonisch Auskunft darüber, welche Preise maximal erstattet werden. Vergleichen Sie diese mit dem Tarif oder fragen Sie gezielt, wo Sie diese nachlesen können. So vermeiden Sie zukünftig Ärger bei der Abrechnung und hohe Eigenanteile.

Heilmittel, Kürzungen bei Physiotherapie – mein Fazit

Ich verstehe durchaus das Dilemma in dem sich Versicherer bewegen. Auf der einen Seite sollen die Beiträge stabil bleiben und auf der anderen Seite viel Leistung bieten. Auch auf Seiten der Therapeuten kann ich das nachvollziehen. Die diktierten Preise der gesetzlichen Krankenversicherung reichen nicht, um kostendeckend zu arbeiten. Es kann aber dennoch nicht sein, dass alle die Kosten, die ich aus dem einen System nicht bekomme, bei dem anderen System eingefordert werden. Und die oftmals von den Therapeuten angeführten Urteile, dass doch der Krankenversicherer verpflichtet sei, solche Kosten zu zahlen, diese stimmen nur bedingt für den Einzelfall.

Denn in den meisten Fällen gibt es tarifliche Begrenzungen.

Das heißt nicht, dass der Therapeut nicht trotzdem mehr berechnen kann, das bedeutet dann aber auch nicht, dass der Versicherer diese Mehrkosten bezahlen muss. Wir bewegen uns also immer in dem Spannungsfeld zwischen Preis, Beitragsentwicklung und Leistung. Es wird Ihnen nicht gelingen, alle drei Beiträge, alle drei Punkte gleichermaßen gut zu erfüllen. Wenn Sie eine Möglichkeit haben, die Kosten in Ihrem Tarif zu beeinflussen, dann tun Sie das. Wenn es keine Begrenzung gibt und der Versicherer unrechtmäßig kürzt, dann widersprechen Sie und bestehen Sie auf die vollständige Erstattung.

Heilmittel Urteile: Rechtsprechung

(angeführt durch die Praxis) Hier noch einige Urteile, welche zugunsten der Versicherten und gegen Kürzungen ergingen und hier seitens der Praxis angeführt wurden. Diese sind nur bedingt auf Ihren einzelnen Fall anzuwenden.

AG Frankfurt, 30.03.2009 (AZ: 29 C 2041/07-86)
Hier hat die Richterin im Sinne eines klagenden Patienten entschieden, dem die Deutsche Krankenversicherung DKV die Kostenübernahme für eine völlig angemessene Behandlungsrechnung unter Verweis auf eine Überschreitung der Beihilfesätze ablehnte. Auszug aus der Urteilsbegründung:

”Die Behauptung der Beklagten (Krankenversicherung), die abgerechneten Beträge seien überhöht, ist nicht hinreichend substantiiert. Die stete Bezugnahme auf die beihilfefähigen Höchstsätze vermag einen Angriff nicht zu begründen, da es auf die Üblichkeit und Angemessenheit der Preise für die Privatversicherten ankommt.“

AG Frankfurt, 30.03.2009 (AZ: 29 C 2041/07-86)

Bundesgerichtshof, 12.12.2007 (AZ: IV ZR 130/06 und 144/06)
Hier wurde die AXA von Verbraucherschützern verklagt und vom BGH verurteilt, weil sie in ihren Versicherungsbedingungen für bereits bestehende Verträge nachträglich einen Passus eingeführt hat, der ihr eine Beschränkung ihrer Kostenerstattung für Heilmittelrechnungen (hierzu zählt auch die Physiotherapie) ermöglichen sollte.

“Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise am Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu vollziehender Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, sich bei der Regulierung von Schadensfällen gegenüber den Bestandsversicherten auf die nachfolgend genannten, ab November 2003 an die Versicherungsnehmer verschickten, im Treuhänderverfahren geänderten Versicherungsbedingungen und Tarifbestimmungen zu berufen: [es folgt an dieser Stelle eine Wiedergabe der von der verklagten AXA vorgenommenen Änderungen. Aus diesen Änderungen geht hervor, dass die verurteilte Versicherungsgesellschaft für sich das Recht in Anspruch nehmen möchte, die Erstattung für Heilmittel auf Beihilfesatz des Bundes zu beschränken] ”

aus IV ZR 130/06

Bundesgerichtshof, 15.12.2003 (AZ: IV ZR 278/01)
Ein deutliches höchstrichterliches Urteil: Eine pauschale Honorarbeschränkungen auf eine aus Sicht der Privaten Krankenkasse “angemessene” Höhe ist nicht zulässig!

„Die Einbeziehung von Kostengesichtspunkten lässt sich aus § 1 Absatz 2 Satz 1 MB/KK im Wege der Auslegung nicht entnehmen. Aus der dafür maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist die Notwendigkeit der Heilbehandlung allein aus medizinischer Sicht zu beurteilen. Er versteht die Klausel so, dass ihm nicht die Kosten für jede beliebige Heilbehandlung erstattet werden, sondern nur für solche, die objektiv geeignet sind, sein Leiden zu heilen, zu bessern oder zu lindern. Ihm erschließt sich nicht, dass der Versicherer seine Leistungspflicht auf die billigste Behandlungsmethode beschränken will.“

IV ZR 278/01

AG Frankfurt, 15.11.2001 (AZ: 32 C 2428/98 – 84)
Verklagt wurde hier die Deutsche Krankenversicherung (DKV) für eine Kürzung der Heilmittel

“…Soweit die Beklagte [die DKV] meint, sie schulde nur das, was die Kassen der gesetzlich versicherten oder der Beihilfestellen den Beihilfeberechtigten erstatten, entspricht dies nicht dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag und deckt sich auch nicht mit der Realität. Die Beklagte verspricht ein Höchstmaß an Leistung und eine Person, die sich privat krankenversichert, tut dies, in der Erwartung, besser behandelt zu werden, als ein gesetzlich Versicherter. Entsprechend entspricht es auch der Realität, dass Privatpatienten höher abgerechnet werden, als gesetzlich Versicherte. Eben weil die gesetzlich versicherten oder die Beihilfeberechtigten derartige Mehr- bzw. Besserleistungen nicht erstattet bekommen, bieten private Krankenversicherer wie die Beklagte Ergänzungstarife an, um auch dem ansonsten nicht privat versicherten Personenkreis die Leistungen von Privatversicherten zu sichern und zu erstatten. Die Beklagte setzt sich damit in Widerspruch zu ihrem Selbstverständnis, wenn sie auch Privatpatienten lediglich das erstatten möchte, was gesetzlich versicherte erhalten…”

AG Frankfurt, 32 C 2428/98 – 84

OLG Karlsruhe, 06.12.95 (AZ: 13 U 281/93)
Verklagt wurde hier die Central Krankenversicherung

“…für solche Personen (Krankengymnastinnen) findet die GOÄ keine Anwendung; das folgt aus dem klaren Wortlaut von § 1 Abs. 1 GOÄ (…) Dem Sachverständigen ist darin zu folgen, dass das ortsübliche Entgelt für Privatpatienten auf den 2,3-fachen Satz, verglichen mit einer Leistung im Rahmen einer kassenärztlichen Behandlung, anzusetzen ist. Der unterschiedliche Berechnungssatz ist im Gesundheitswesen üblich und beruht auf einer grundverschiedenen Tarif- und Leistungsstruktur in der Privat- und gesetzlichen Krankenversicherung. Das medizinisch notwendige Maß i. S. von §5 Abs. 2 MBKK bestimmt sich für den Kläger daher danach, welches Entgelt er in seiner Situation als Privatpatient für die in Frage kommende Leistung aufbringen muss…”

13 U 281/93, OLG Karlsruhe

LG II, München, 14.04.99 (AZ: II 11 O 7577/96)

“…, dass die von der Beklagten zugrunde gelegten bundesweit geltenden Beihilfesätze jedenfalls nicht geeignet sind, einen im Einzelfall zutreffenden Maßstab für einen örtlich üblichen Preis zu bilden…”

LG II, München, 14.04.99 (AZ: II 11 O 7577/96)

Weitere Urteile:

  • AG Wiesbaden, 12.05.1987 (AZ: 37 Cf 87/86)
  • AG Aachen, 06.07.1987 (AZ: 7C 83/87)
  • AG Dortmund, (AZ: 126 C 566/89)
  • AG Recklinghausen, (AZ: C 569/91)
  • AG Kempen, 20.07.1993 (AZ: 11 C 365/92)
  • AG Frankfurt, 09.01.1995 (AZ: 29 C 1438/94-46)
  • AG Frankfurt, (AZ: 29 C 2784/94-81)
  • AG Hamburg, (AZ: 11 C 14/94)
  • AG Schweinfurt, 30.05.1995 (AZ: 3 C 1494/94)
  • LG Mannheim, 29.03.2000 (AZ: 11 O 193/99)
  • LG Würzburg, 13.02.2002 (AZ: 42 S 1364/01)
  • LG Frankfurt, 20.03.2002 (AZ: 2-1 S 124/01)
  • LG Landshut, 05.07.2002 (AZ: 12 S 3017/01)
  • LG Köln, 20.07.2005 (AZ: 26 O 225/04)
  • AG Köln, 14.09.2005 (AZ: 129 C 91/05)
  • AG Essen, 03.02.2006 (AZ: 20 C 289/04)
  • OLG Köln, 26.04.2006: (AZ: 5 U 147/05)
  • LG Düsseldorf, 04.05.05 (AZ: 12 O 192/04)
  • OLG Düsseldorf, 18.05.2006 (AZ: I-6 U 116/05)
  • AG Hamburg, 10.10.2007 (20 A C 28/07)
  • LG Frankfurt, 17.11.2016 (AZ: 2-23 O 71/16)
  • AG München, 28.06.2017 (158 C 153/17)

Ein Kommentar

  1. Hallo Herr Hennig.

    Danke für diesen Beitrag, dem ich möglichst viel Reichweite wünsche.

    Hier wird sehr schön deutlich, dass die Leistungserbringer im Gesundheitssystem im zunehmenden Maße versuchen, den PKV Versicherten überproportional zu schröpfen (um im medizinischen Jargon zu bleiben). Auch ich habe diese Konstellation so schon bei Physiotherapeuten erlebt und diskutiert.
    Das Argument, dass die Kassen es ja zahlen müssen und von Berufsverbänden zusammengestellte Urteile hierzu präsentiert werden ist ein Klassiker. Hierbei vergessen die scheinbar juristisch unkundigen Produzenten dieser Sammlungen aber, dass der Versicherte nur dann einen Erstattungsanspruch auf diese überhöhten Preise hat, wenn der Tarif keine Begrenzung vorsieht und sich der Erstattungsanspruch aus den MB/KK ergibt. Ich persönlich halte diese Konstellation heute für eher exotisch und nur noch bei sehr alten Verträgen zutreffend (Versicherte kurz vor Rentenalter und aufwärts). Neuere Vertragswerke deckeln die Erstattung doch meistens in den Tarifbedingungen. Korrigieren Sie mich hier gerne. Hier ist dann wie bereits 2019 vom BGH in letzter Instanz geurteilt (Beschluss vom 06.03.2019, Az.: IV ZR 108/18) eine extreme Bescheidung des Erstattungsanspruchs möglich. Im Falle des BGH Beschlusses, war dies eine zulässige Begrenzung im Tarif auf die Sätze der GOÄ, die sogar weit unter den VDAK Sätzen liegen. Hier lacht der Physiotherapeut und weint der PKV Versicherte, dem es auch nicht in jedem Fall leicht fällt, die entstehende Differenz zu bezahlen.

    Die Erstattung der Kosten für Heilmittel ist für den PKV Versicherten auch oft nicht transparent geregelt. Meine Versicherung zum Beispiel spricht im Tarifwerk von einer Gebührenübersicht für die selbstständigen Angehörigen der Gesundheits- und Medizinalberufe (GebüHh), als Bezugswert für die Höhe des Erstattungsanspruches. Suchen Sie das mal; ein solches Dokument gibt es nicht, jedenfalls nicht öffentlich zugänglich. Gemeint ist wohl (nach Aussage der Versicherung) die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) in § 23 in Verbindung mit den Anlagen 9 und 10. Offiziell und nachprüfbar definiert ist das aber auch nicht. Auch hier: Korrigieren Sie mich gerne.

    Leider empfinde ich es nach über 20 Jahren in der PKV als regelrechten Sumpf an Regelungen, in dem man als Patient feststeckt. Jeder Leistungserbringer – insbesondere als Kapitalgesellschaft geführte MVZ – versucht in den Definitionslücken dieser Regelungen nach Geld für sich zu fischen. Im Streitfall sind dann wechselseitig der Leistungserbringer oder die PKV nicht bereit die Abrechnung oder die Erstattung zu korrigieren und man bleibt regelmäßig auf Kleinbeträgen, die sich summieren, sitzen. Ein ärgerliches Problem, das mir den Spaß an dieser Säule der Krankenversicherung regelmäßig verleidet.

    Viele Grüße und alles Gute für Sie und ihre Arbeit.

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