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“Wenn ich es angebe, muss ich einen Zuschlag zahlen” – Hürden und Irrtümer bei der Beantragung

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, der aber hält sich wacker in den Köpfen und führt damit gerade bei der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung immer mal wieder zu Verwirrungen. Konkret geht es um die Frage der Antragstellung, der anzugebenden Erkrankungen und der damit verbundenen Risikoentscheidung. Schon einige Beiträge hier im Blog beschäftigen sich insbesondere mit der Anzeigepflichtverletzung.

Anzeigepflichtige Erkrankungen

Anzugeben ist in der Phase der Antragstellung immer all das, nachdem der Versicherer in Textform fragt. Das sind zunächst einmal die Antragsfragen in dem entsprechenden Formular, aber auch weitere Nachfragen und Ergänzungen. Gerade bei der anonymen Voranfrage ist es daher elementar wichtig, die Fragen korrekt und vollständig zu beantworten. Dieses führt aber in der Antragstellung immer wieder zu Verwirrung.

Aussagen wie

  • – dann warte ich noch und brauche es nicht mehr angeben
  • – dann werde ich ja abgelehnt
  • – dann bekomme ich einen Zuschlag

sind an der Tagesordnung. Natürlich ist eine Erkrankung nach der gefragt wie auch anzugeben. Jedoch ist es eben keineswegs so, dass jede Erkrankung die im Antrag eingetragen wird, auch automatisch zu einem Zuschlag oder einem Ausschluss führt. Dabei ist auch noch zu beachten, einige Erkrankungen ermöglichen beides, also die Wahl zwischen Ausschluss und Zuschlag. Detailliert Informationen wann und wie die Abwägung genau funktioniert finden Sie hier:

Zuschlag oder Ausschluss – geht es auch ohne?

Jedoch bedeutet, wie bereits geschrieben, eine Angabe im Antrag oder der Voranfrage keineswegs auch gleich eine Annahme mit Erschwerung. Zudem existieren Erkrankungen und Beschwerden, welche für sich genommen nicht zu einer Erschwernis führen müssen, als so genanntes “Gesamtrisiko” aber schon. Kommen mehrere Erkrankungen zusammen und spielen diese auch noch “gegeneinander”, so kann auch hier ein Zuschlag erforderlich werden. Zum besseren Verständnis schauen wir uns hierzu einmal einen konkreten Fall (anonymisiert natürlich) an und bewerten einmal die unterschiedlichen Erkrankungen.

Welche Erkrankungen führen zu Zuschlag oder Ausschluss?

Es handelt sich bei unserem Beispiel um einen 30-jährigen Kunden. Beruflich ist dieser in einem Unternehmen im Bereich IT angestellt, verbringt seine Arbeitszeit vorwiegend im Büro, wobei auch einige Reisetätigkeiten nicht auszuschließen sind. Nach einem Studium mit entsprechendem Abschluss steht dieser “mitten im Leben”, verdient gut und benötigt nun eine entsprechende Absicherung. Folgende Diagnosen sind (nicht abschließend) vorhanden:

  • – Kinderwunschbehandlung, Ogliospermia
  • – rezidivierende Erosio Corneae seit ca.15 Jahren, 1-2 Mal im Jahr
  • – beidseitige Hüftdysplasie
  • – eingeklemmter Nerv im Rücken, vor ca. 2 Jahren
  • – Hordeolum, nach 2 Tagen beschwerdefrei
  • – Patelladysplasie, Kniebeschwerden in 2014, seither nicht mehr
  • – Schleimbeutelentzündung, Hüftbeschwerden
  • – Pfeiffersches Drüsenfieber
  • – Erkältungen, Vorsorge, Zahnuntersuchungen

Nun sind in der Berufsunfähigkeit zunächst andere Erkrankungen maßgeblich um das Risiko einschätzen zu können. Würden wir hier über einen Antrag auf private Krankenversicherung sprechen, so sähe es hierzu ganz sicher anders aus, denn diese müsste nicht nur die Folgen der Erkrankungen erfassen und abdecken, sondern auch die möglichen Kosten für Behandlungen und Untersuchungen abdecken. Doch hier in der BU sieht das etwas anders aus.

Die Kinderwunschbehandlung ist daher hier unerheblich. Allein aufgrund dieser Beschwerden oder des Kinderwunsches wird niemand berufsunfähig und damit spielt die (abgabepflichtig) Erkrankung hier keine Rolle bei der Einschätzung. Doch wie sieht es mit den weiteren Erkrankungen und Beschwerden aus? Auch die zweite Beschwerde “rezidivierende Erosio Corneae” klingt komplizierter, ist es aber gar nicht. Es handelt sich- ganz vereinfacht- um eine wiederkehrende Erkrankung, was zunächst einmal eher schlecht für eine Risikoeinschätzung ist. Dennoch ist es nichts anderes, als ein Aufreißen der Hornhaut und auch dieses wird kaum zur BU führen. ACHTUNG! In anderen Berufen, beim Umgang mit gefährlichen Stoffen, Labormitarbeitern etc. sähe dieses wahrscheinlich anders aus.

Die “Hüftdysplasie” ist dagegen eine Erkrankung, welche zu Beschwerden in der Hüfte führt und welche durch eine Fehlstellung ausgelöst wird. Diese kann neben Schmerzen und Beschwerden auch zu Gehbehinderungen führen und somit eine Auswirkung auf die berufliche Tätigkeit haben. Daher ist diese Erkrankung bekannt und wird in der Regel mit einem Ausschluss in dem Vertrag “geklauselt”. Diese Klausel lautet:

„Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Hüftgelenke sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen“

Damit muss der Versicherer bei einer Berufsunfähigkeit, welche auf die Hüfte und die Beschwerden oder Einschränkungen zurückzuführen ist, keine Leistungen aus der BU erbringen. Das ist auch nachvollziehbar, ist doch die Erkrankung heute schon bekannt und besteht bereits. Doch die Klausel ist so nicht optimal, warum lesen Sie gleich weiter unten, nun aber weiter mit den anderen Erkrankungen.

Der einmalig eingeklemmte Nerv und das vor zwei Jahren sollte bei den meisten Versicherern kein großes Problem darstellen und daher ohne weitere Einschränkungen versicherbar sein. Auch das Hordeolum, also ein Gerstenkorn am Auge ist nichts, was in der BU eine Relevanz hat. Anders sieht es wieder bei den Kniebeschwerden aus. Hier ist eine weitere Abklärung und eine Ergänzung der Beschwerden nötig. Hierfür  verwenden die Versicherer unterschiedliche Fragebögen, Beispiele können Sie sich hier im Downloadbereich ansehen.

In unserem Fall waren auch hier weitere Fragen zu beantworten, am Ende war es aber ein Grenzfall, also eine Annahme wäre hier noch zu normalen Konditionen möglich. Die Schleimbeutelentzündung ist bereits bei dem Ausschluss der Hüfte berücksichtigt und spielt hier nicht nochmal eine Rolle.

Die letzten angegebenen Erkrankungen, also das Pf. Drüsenfieber und die Erkältungen sind hingegen wieder nicht mehr relevant, aber anzugeben.

Wie sieht die Klausel aus?

Zunächst geht es um einen Ausschluss, also eine Einschränkung der Leistung in bestimmten Bereichen. Dabei boten die angefragt Versicherer folgende Klausel an:

„Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Hüftgelenke sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen“

Doch ganz so optimal ist diese nicht und daher ging es nochmals in die Nachverhandlungen. Was ist mit Unfällen, was mit Krebserkrankungen und Tumoren? Diese können gerade oder auch bei Menschen mit entsprechenden Vorerkrankungen auftreten, die Wahrscheinlichkeit ist aber nicht höher. Daher bot ein Versicherer eine veränderte Klausel an, diese lautet dann:

“Ausgeschlossen sind Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen der Hüftgelenke, nicht erfasst von dem Ausschuss sind Tumore und Tumoröse Erkrankungen, sowie Unfälle”

Mit dieser neuen Klausel ist der Versicherungsschutz der Hüfte zwar immer noch ausgeschlossen, dennoch sind weiter mögliche Erkrankungen wieder eingeschlossen und damit der Schutz umfangreicher.

Fazit

Angegeben wurden also in unserem Fall hier mehr als zehn Krankheiten und/ oder Beschwerden. Dennoch hat nur eine der Erkrankungen zu einer Einschränkung des Versicherungsschutzes geführt, diese auch nur in bestimmten Bereichen.

Auch wenn daher der Versicherer umfangreiche Fragen stellt, Fragebögen schickt und Nachfragen stellt, dieses bedeutet nicht zwingend eine Einschränkung des Schutzes, vielmehr geht es um die richtige Abwägung. Beantworten Sie daher die gestellten Fragen vollständig, versuchen Sie gemeinsam mit Ihrem Berater hier die medizinischen Unterlagen aufzuarbeiten, Fragebögen zu beantworten und dem Risikoprüfer somit eine gerechte und faire Einschätzung zu ermöglichen. Nur weil etwas anzugeben ist- ist es nicht unbedingt negativ, es kann auch eine Klarstellung sein und damit eine Grenzfallannahme ermöglichen.

Ein Kommentar

  1. Hallo Herr Hennig,

    ja Sie haben recht alle Leiden sind anzugeben. Jedoch ist die Situation was das Risiko angeht sehr angespannt. Bleiben wir mal stehen bei einem kleinen Tinnitus, für R+V, Alte Oldenburger, Barmenia und viele andere Ausschluss keine Annahme. Weiter bei mir im MRT steht Signalanhebung Verdacht auf eine vielleicht nie eintretende ZNS, Verdacht reicht aus alle lehnen ab. Gans so entspannt ist die Situation nicht, wenn Sie beim Schnupfen einmal Blut im Taschentuch hatten bricht bei den PKV`s schon das schwitzen aus. Wenn es nach mir geht, für uns Beamte Bürgerversicherung und fertig. Denn nicht jeder steigt in das Beamtenleben mit 20 Jahren und top fit ein. Ich war schon 35 Jahre alt und hatte leichte Einschränkungen jedoch scheiß Makler. Es gibt immer eine Kehrseite.

    MfG
    Klimpel

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