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Versicherer verweigert Krankentagegeldzahlung, da der Kunde sich nicht zu Hause aufhält

In einem Internetforum beschwerte sich heute ein Kunde einer privaten Krankenversicherung (PKV) darüber, dass der Private Krankentagegeldversicherer seine Zahlung auf Kranken(tage)geld eingestellt hat. Grund sei, so der Kunde weiter, er wohne vorübergehend nicht zu Hause, sondern an der Nordsee bei seiner Schwester. Um zu beurteilen, wer denn nun recht hat, schauen wir uns die gesetzlichen/ vertraglichen Grundlagen einmal genauer an.

Wann wird Kranken(tage)geld überhaupt gezahlt?

Nach Maßgabe der Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MBKK), welche Sie im Downloadbereich kostenfrei laden können, schuldet der Versicherer ein versichertes Krankentagegeld, wenn der Versicherte arbeitsunfähig ist. Geregelt ist dieses im § 1 Abs. 3 MBKT 2009, dort heißt es:

(3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Es ist somit nicht ausreichend, wenn jemand nur einige Stunden nicht arbeiten darf oder soll. Nur wenn eine komplette, also 100%ige Arbeitsunfähigkeit vorliegt, so besteht für den Versicherer Leistungspflicht.

Dazu kommen weitere Voraussetzungen aus dem gleichen Paragraphen. Dort wird weiter festgehalten:

(6) Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Deutschland.

Gerade Personen die viel unterwegs sind oder grenznah wohnen, sollten sich genau zu diesem Punkt Gedanken machen. Es gibt Tarife und Unternehmen, welche Ihre Bedingungen hier verbessert haben, somit den Versicherungsschutz/ Geltungsbereich erweitert. Auch für die Fälle, in denen zum Beispiel im Urlaub eine Erkrankung eintritt finden sich entsprechende Regelungen in den Musterbedingungen. Dabei ist jedoch zu unterscheiden, ob es sich um das europäische oder außereuropäische Ausland handelt.

(7) Bei einem vorübergehenden Aufenthalt im europäischen Ausland wird für im Ausland akut eingetretene Krankheiten oder Unfälle das Krankentagegeld in vertraglichem Umfang für die Dauer einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung in einem öffentlichen Krankenhaus gezahlt. Für einen vorübergehenden Aufenthalt im außereuropäischen Ausland können besondere Vereinbarungen getroffen werden.

Gemäß den Musterbedingungen ist es demnach so, dass das Krankentagegeld nur bei einem Krankenhausaufenthalt gezahlt wird. Dieses hat einen gewissen Schutzzweck für die Versichertengemeinschaft. Wer will schon einen “verlängerten” Urlaub auf Krankenschein bezahlen? Hier verbessern einige Unternehmen aber ihre Bedingungen ebenfalls, zum Beispiel durch en Verzicht auf das Wort “öffentlich” oder den Einschluss von bereits bestehenden Erkrankungen bei Reiseantritt. Problematisch wird es jedoch für das außereuropäische Ausland,, zumindest wenn hier keine Vereinbarung getroffen wird. Und “können” heißt ja nicht “müssen”.

Wie kommt es nun zu der Leistungsverweigerung im o.g. Fall?

Der Versicherer erlangte in diesem Fall durch deinen Besuch Kenntnis darüber, dass der Kunde sich nicht zu Hause aufhielt und berief sich auf die entsprechenden Aussagen in den Versicherungsbedingungen. Dort finden wir im §5 folgende Einschränkung:

(1) Keine Leistungspflicht besteht bei Arbeitsunfähigkeit

f) wenn sich die versicherte Person nicht an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufhält, es sei denn, dass sie sich – unbeschadet des Absatzes 2 – in medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung befindet (vgl. § 4 Abs. 8 und 9). Wird die versicherte Person in Deutschland außerhalb ihres gewöhnlichen Aufenthalts arbeitsunfähig, so steht ihr das Krankentagegeld auch zu, solange die Erkrankung oder Unfallfolge nach medizinischem Befund eine Rückkehr ausschließt;

Der Versicherer war und ist hier somit im Recht. Voraussetzung für eine Leistung ist die Anwesenheit am “gewöhnlichen Aufenthalt”. Dabei ist es nicht möglich, wie in diesem Fall, bei der Schwester an der See zu wohnen oder sich anderweitig (außer in Krankenhäuser) aufzuhalten. Sinn dieser Einschränkung ist auch hier die 1.) fehlende Kontrollmöglichkeit des Unternehmens und 2.) die Frage, hier keinen Urlaub zahlen zu wollen.

Dennoch gibt es Erkrankungsbilder, für die dieses sinnvoll wäre. Bei Atemwegserkrankungen oder auch Hauterkrankungen kann Meerluft durchaus hilfreich sein. Begeben Sie sich aber ohne Zustimmung (ohne schriftliche) des Versicherers dorthin, so verwirken Sie Ihren Anspruch auf Krankentagegeld. Auch wenn Sie sich woanders aufhalten und dort erkranken, so müssen Sie schnellstmöglich zurückkehren. Nur wenn dieses aus medizinischer Sicht nicht möglich ist, nur dann bleibt der Anspruch bestehen und Sie erhalten Krankengeld.

Gibt es Ausnahmen von dieser Regelung?

Ja. Es gibt Unternehmen, welche sich in den Bedingungen hier zu besseren Regelungen verpflichtet haben. So ist es nach den neusten Änderungen unter anderem im Krankentagegeld der Halleschen Krankenversicherung möglich, sich in Deutschland anderweitig aufzuhalten, wenn dem Versicherer dieses in Textform mitgeteilt worden ist. Damit sollen genau solche Fälle ermöglicht werden, welche die Genesung eben Fördern oder es für den Erkrankten einfacher machen, da dieser zum Beispiel nicht allein zu Hause ist.

Was kann ich tun, wenn mein Versicherer das nicht anbietet?

Ändern lassen sich die Bedingungen nicht und auch individuelle Zusätze sind nicht möglich. Lässt es der Gesundheitszustand zu und macht es wirtschaftlich auch wegen des Eintrittsalters (noch) Sinn, so können Sie überprüfen, ob eine Trennung von Krankenversicherung und Krankentaggeldversicherung (KT) möglich ist. Dabei bleibt die Krankenvollversicherung so wie sie ist, das Krankentagegeld kann bei einem anderen Unternehmen neu versichert werden. Dabei ist jedoch nicht jedes Unternehmen gewillt und in der Lage, denn viele bieten das Krankentagegeld nicht “solo” (also ohne dort bestehende Krankenversicherung” an. Jedoch sollte dieses allein auch kein Kriterium sein, denn auch hier sind viele Auswahlkriterien zu beachten.

3 Kommentare

  1. Meine private Krankentagegeldversicherung hat die Zahlungen eingestellt, weil ich angeblich trotz ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit meiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen bin. Verliert man als Freiberufler durch das
    Beantworten einer geschäftlichen Email oder durch das Führen eines geschäftlichen Telefonats seinen Anspruch auf Krankentagegeld? Wie definiert die Rechtsprechung eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit von Selbstständigen und Freiberuflern?

  2. Ja, genau das bedeutet 100%. Keinerlei geschäftlicher Tätigkeit. Also auch keine Mails oder Telefonate.

    Oftmals wird in Urteilen auf eine “wertschöpfende Tätigkeit” abgestellt.

    Sie sollten dringend einen Spezialisten aufsuchen.

  3. “Begeben Sie sich aber ohne Zustimmung (ohne schriftliche) des Versicherers dorthin, so verwirken Sie Ihren Anspruch auf Krankentagegeld.”

    Kann ich 2 Tage Urlaub machen und die melden, Werden denn die Leistungen nur für die 2 Tage nicht bezahlt? Oder verwirkt man wirklich die gesamt Anspruch?

    Vielen Dank

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