Home: online-pkv.de » PKV BU Blog » Krankenversicherung » Private KV » Logopädie in der Privaten Krankenversicherung

Logopädie in der Privaten Krankenversicherung

Neulich in einer Praxis unterhielten sich zwei Mütter und eine Logopädin über die Erstattung von Logopädiebehandlungen der beiden Söhne (5 und 6 Jahre alt). Dabei war der eine Sohn, nennen wir ihn Max, gesetzlich krankenversichert und der zweite, Moritz privat in der privaten Krankenversicherung des Vaters.

Zunächst sollte klar sein was Logopädie ist. Schauen wir uns hierbei einmal die Definition (Quelle: Wikipedia) an:

Das Interesse der Logopädie ist auf das konkrete Handeln (Vorbeugung, Beratung, Erfassung, Behandlung) gerichtet. Die Klientel umfasst alle Altersgruppen.

Im frühkindlichen Bereich überwiegen die Behandlungen von Störungen der Sprachentwicklung auf den sprachlichen Ebenen Wortschatz, Grammatik und Phonologie. Neben den expressiven Auffälligkeiten werden insbesondere auch Störungen des Sprachverständnisses behandelt. Während des Kindergartenalters und des Vorschulalters findet man gehäuft Probleme im Rahmen einer Sprachentwicklungsverzögerung bzw. -störung. Darunter fallen zum Beispiel Dysgrammatismus (Störungen des Satzbaus und Störungen der Wortflexion, also z. B. Anwenden des Plurals), Dyslalie (reine Artikulationsstörung), Auslassungen, Ersetzungen sowie Veränderungen einzelner Laute und Lautverbindungen (Phonologische Störung).

Logopäden behandeln außerdem Balbuties (Stottern), Poltern, ein myofunktionelles Muskelungleichgewicht und Stimmstörungen. Ebenso behandeln Logopäden Patienten mit Sprachstörungen nach einem Schlaganfall oder anderen neurologischen Beeinträchtigungen/Unfallfolgen (Aphasie), Sprechapraxie (Planung der Artikulationsbewegung ist gestört ohne Schädigung eines Fazialnerves), Dysarthrie (Ausführung von Artikulationsbewegungen ist gestört, auf Grund einer neurologischen Beeinträchtigung (zum Beispiel Beschädigung eines Nervs); besser Dysarthropneumophonie: da meist auch die Sprechatmung und/oder der Stimmklang betroffen ist) und Schluckstörungen. Neuerdings behandeln Logopäden auch immer häufiger Kinder im Schulalter, die aufgrund einer früheren Sprachentwicklungsstörung als Folgesymptomatik Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb entwickeln (Schriftspracherwerbsstörung oder früher auch Legasthenie, LRS, Dyslexie, Dysgrafie).

Die logopädischen Maßnahmen umfassen das Erstellen einer Diagnose, Beratung und die Therapie von Störungen des Sprachverständnisses, der gesprochenen und geschriebenen Sprache, des Sprechens, der Atmung, der Stimme, der Mundfunktion, des Hörvermögens, des Schluckens und der Wahrnehmung. Darüber hinaus werden vor allem im Bereich der Stimme auch präventive Maßnahmen angeboten. Die regelmäßige und ausführliche Beratung der Angehörigen (Eltern/Partner/Kinder) gehört vor allem bei Kindern und bei schwergestörten Erwachsenen zum Tätigkeitsfeld, da nur so eine Veränderung der Kommunikationsfähigkeit im Alltag erreicht werden kann.

Die gesetzliche Krankenkasse zahlt (GKV), insbesondere bei Kinder, die umfangreiche und ggf. langandauernde Therapie (fast) ohne große Beschränkungen. Laut Auskunft der Logopädin werden bei diesen Kindern mit so genannter “multipler Dyslalie” (das Kind kann also mehr als 2 Laute wie “S”, “Sch” etc. nicht richtig oder vollständig aussprechen, problemlos bis zu 100 Sitzungen gezahlt.

Eine generelle Aussage wie lange eine solche Behandlung dauert ist nicht zu treffen. Aus Erfahrung dieser Logopädin bedarf es aber schon 30-50 Sitzungen.

Nun gibt es jedoch private Krankenversicherer die in den Tarifen Leistungen für die Logopädie ausschließen oder diese nur erbringen wenn diese von Ärzten durchgeführt wird. Das passiert in der Praxis aber eben nicht, da es dafür ja die Logopäden gibt.

Doch über welche Kosten reden wir hier eigentlich?

Die Kosten sind zunächst nicht festgelegt und der Behandler vereinbart diese mit seinem (Privat-)Patienten. Jedoch kann als Orientierung die Beihilfevorschrift des Bundes mit den dort genannten Sätzen herangezogen werden. Auf Seite 47 heißt es hier:

Einzelbehandlung bei Sprech-, Sprach- und Stimmstörungen

a) Mindestbehandlungsdauer 30 Minuten = 31,70 € (in 2023: 41,80€)

b) Mindestbehandlungsdauer 45 Minuten = 41,50 € (in 2023: 59,00€)

c) Mindestbehandlungsdauer 60 Minuten = 52,20 € (in 2023: 69,90€)

Beihilferichtlinien zum Nachlesen

Bei Kindern werden üblicherweise 45 Minuten angesetzt. Ausgehend von einem Mittelwert von 40 Sitzungen kommen hier schnell (inkl. Befunderhebung und weiteren Kosten) 1.700 – 2.000 EUR Kosten zusammen.

Bei Patienten nach einem Schlaganfall oder nach Unfällen ist das (wieder-)erlernen der Sprache deutlich aufwändiger und erfordert oftmals dreistellige Sitzungszahlen. Da sehen Sie schon, welches Kostenrisiko sich aus einem so kleinen Bestandteil der Bedingungen ergibt.

Dabei ist es mit völlig unverständlich, wie Kunden Tarife abschließen können, welche diese/ solche Leistungen nicht in Ihren Bedingungen enthalten haben oder es zumindest nicht ausdrücklich nennen und so “Interpretationsspielraum lassen” (Debeka PN/PNE z.Bps. aber auch Tarife vieler anderer Gesellschaften). Nur weil so ein Tarif einfach billig zu sein scheint, kann es im Leistungsfall schnell teuer werden. Beachten sollten Sie hierbei auch:

Sind Sie selbst in einem solchen Tarif und hat der Versicherer keine verbesserten Regelungen, so kann auch hier nur der identische (oder schlechtere) Schutz für das Neugeborene (ohne Risikoprüfung) abgeschlossen werden. Somit hat auch das Kind keine Leistungen.

Bedenken Sie dieses bitte bei der Auswahl des richtigen, für Sie passenden Krankenversicherungsschutzes.

Weiterführende Informationen:

Auswahlkriterien zur Privaten Krankenversicherung

Leitfaden zur privaten Krankenversicherung

Kriterienfragebogen als pdf

6 Kommentare

  1. Hallo Sven,

    sensationell – Klasse aufbereitet.

    und das Beste daran, ich kann mein bestehendes Wissen prüfen – abgleichen und ergänzen.

    Ergebnis bei Logopädie:

    mein Wissen darüber ist fast auf den gleichen Stand:

    THX

    Bernhard

  2. Sehr geehrter Herr Hennig,
    Ihr Eintrag ist sehr interessant, ich fand ihn eben beim Googeln,
    Ich bin privat versichert mit Beihilfe (50:50), meine PKV müsste das eigentlich übernehmen.
    Ich habe eine Läsion des Nervus lingualis, mir wurde wegen sprachlicher Beeinträchtigung (Zischen) der Besuch beim Logopäden empfohlen.
    Da war ich nun zweimal. Beim zweiten Mal bekam ich Vereinbarung der Gebührenhöhe in die Hand gedrückt, die ich allerdings noch nich unterschrieben habe.

    1. Termin: Pos. 46a/47a // 33010 (Diagnostik): 99,70 €
    2. Termin: Pos. 47c // 33103: 67 €

    Ich wundere mich. Beide Termine haben 45 Min. gedauert. Im Ersttermin habe ich ihr vom Eintreten des Schadens und der Beeinträchtigung berichtet, dazu gab’s heißen Tee, alles ganz gemütlich. Im zweiten Termin hat sie zu Beginn eine Seite mit myofunktionellen Übungen ausgedruckt, aus denen sie dann spontan welche raussuchte, die wir vor einem Spiegel gemacht haben.

    Wenn ich es richtig sehe, ergibt sich aus 46a und 47a im Ersttermin ein Betrag von 63,40 € (2x 31,70). Wie sie auf 99,70 kommt, weiß ich nicht. Wenn sie sich auf 33010 bezieht, so stelle ich fest, dass die mit 65,79 € von der GKV vergütet wird, dass daneben keine therapeutische Behandlung durchgeführt und abgerechnet werden kann. Und: Regelbehandlungsdauer bei der 33010 sind 60 Min. Bei mir waren es, wie gesagt, 45 Min.

    Wie es für den Ersttermin zu 99,70 € kommt, ist mir daher unverständlich. Rechnet man das auf 60 Min. hoch – beachtlicher Stundenlohn für ein Gespräch im Wintergarten ihres Hauses.

    Zweiter Termin: Die 47c bezieht sich auf einen 60-minütigen Termin, mein Termin war nur 45 Min. lang, sie hatte mir auch 45 Min. zuvor als Termindauer telefonisch angegeben. Die 47c wird nach der BBhV des Bundes mit 52,20 € berechnet, die von der Logopädin daneben genannte 33103 wird mit 34,21 € bei 45 Min. Dauer entlohnt.

    Wie kommen für den zweiten Termin also 67 € zustande?

    Sonderbar …

    Viele Grüße

  3. Vielen Dank für Ihren Artikel.

    In meinem Falle gab/gibt es noch gar keine Verordnung, es haben zwei Logopädie-Termine aber bereits stattgefunden. Weitere werden bei der Dame aber nicht stattfinden, denn sie sah meine Nachfrage zu ihrer Honorarforderung als fehlende Grundlage für ein Fortbestehen unseres Therapeuten-Patienten-Verhältnisses.

    Ich hatte der Logopädin eine E-Mail geschrieben, in der ich sie um Erklärung ihrer Gebührensätze bat, da ich unter den mir von ihr schriftlich genannten Ziffern der Bundesbeihilfeverordnung und der Vereinbarungen ihres Berufsverbandes mit den GKVen andere, nämlich niedrigere als die von ihr jeweils hinter die Ziffern geschriebenen Summen gefunden hätte. Ob da vielleicht ein Irrtum vorliege?

    – Ich meine, wenn man in ein Restaurant geht und aus der Karte Nr. 27 (Steak mit Bratkartoffeln) und 89 (kleines Pils) bestellt, was laut Karte zusammen 28,80 € kosten soll, dann wundert man sich ja auch, wenn eine Rechnung über 47,20 € gereicht wird und erlaubt sich garantiert eine Nachfrage. –
    Nein, ein Irrtum liege sicher nicht vor. Ich könne die zu den Ziffern gefundenen Sätze mal 1,8 nehmen. (Davon stand in ihrer Honorarvereinbarung aber nichts.) Und die Termine seien mit 60 Min. angegeben, da Vor- und Nachbereitung hinzuzurechnen seien. Sie finde den Durchschlag nicht mehr und wisse daher nicht mehr, was sie mir genannt habe.

    Als ich ihr ihre Angaben samt den Honorarsätzen schickte, die ICH unter diesen Ziffern von offizieller Seite im Netz gefunden hatte – und in den PDFs stand jeweils drin, dass Vor- und Nachbereitung in den Honorarsätzen bereits enthalten seien -, kam diese Antwort:

    “Ich kenne die Positionsnummern durch Kollegen, habe drei Jahre in einer Praxis in *** gearbeitet und orientiere mich schlichtweg an diesem Positionsnummern und an dem Arbrechen Procedere.

    Ebenso weiß ich von mir-und das können Sie ja nicht wissen-dass ich ganz sicher niemand bin, der auf die Minute schaut, der nicht bereit ist weit über Gebühr für Patienten sich zu engagieren, Ärztegespräche zu führen, Recherchen durchzuführen etc. […]

    Ich denke nur dass dies keine günstige Basis für eine Zusammenarbeit ist. Daher Nein Vorschlag: Sie senden mir den Betrag, den Sie für beide Stunden zu zahlen sind, den sie als angemessen empfinden ich sende Ihnen eine Rechnung über beide Stunden.”

    Tja. Was ist mir diese Erfahrung wert?

  4. Private Honorarsätze sind grundsätzlich frei vereinbarbar. Die Beihilfesätze als Grundlage zu betrachten ist ein “Trick” der PKVs, der gerne zitiert wird, aber falsch ist. Genauso wird gerne behauptet: “Der Therapeut verlange mehr als die ortsüblichen Sätze”…

    Aber selbst in der Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums (schon 2004) wird deutlich gemacht, dass diese (Beihilfe-)Sätze gewollt nicht kostendeckend sind und der Privatpatient zuzahlen soll. Die Beihilfesätze sind etwa das Niveau der gesetzlichen Kassen. Viele Logopäden haben leider keine Lust auf diese Streitereien mit den meist anspruchsvollen Privatpatienten und verlangen dann nur diese viel zu geringen Sätze… die Patienten wechslen auch gerne so lange die Praxen, bis sich einer darauf einlässt.

    Die vom Bundesverband der Logopädie vorgeschlagenen Sätze sind übrigens beim 1,8-2,3 fachen Satz:
    z.B. also für eine 45 Min. Therapie( 33103): 74,34 – 94,99€
    und für eine Erst-Befund (33010): 140,89-180,02€ (nein, das ist nicht 2x 33102)

    Die o.g. Logopädin liegt also preislich deutlich unter der Empfehlung Ihres Berufsverbandes.

    So ein Erstbefund muss übrigens auch gerne mal ausgewertet werden (außerhalb der reinen Therapie/Beratungsstunde).

    zur Info: Logopäden Ergo- und Physiotherapeuten gehören zu den Schlecht-Verdienern in unserer Gesellschaft (800-1400 Euro, nur sehr selten mehr, bei 40 Stunden pro Woche). Der Beruf ist anspruchsvoll und belastend. Im Gegensatz zum Handwerker können sie auch kein Material mit 100% Gewinnmarge verkaufen, sondern ausschließlich Ihre Zeit. Fortbildungen werden nicht selten aus eigener Tasche bezahlt. Altersarmut (quasi harz4 in der Rente) betrifft zu 99% Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei den Logopäden.

    Wer Lust hat sich weiter damit zu beschäftigen, kann sich gerne unter http://www.privatpreise.de schlauer machen.

    Anmerkung [online-pkv.de] auf einer Seite, welche von einem Dienstleister für Ärzte betrieben wird

    • Hallo,

      leider ist die Aussage so nicht richtig.

      “Die Beihilfesätze als Grundlage zu betrachten ist ein „Trick“ der PKVs, der gerne zitiert wird, aber falsch ist.”

      Es gilt immer das, was in den Bedingungen geregelt ist. Hat die PKV somit den verweis auf Beihilfesätze oder beihilfefähige Höchstsätze in den Bedingungen stehen und der Versicherte dieses so abgeschlossen, dann gelten die natürlich auch (für diesen Fall), dazu bedarf es dann keines “Tricks”.

      Ich halte übrigens viele Sätze bei Therapeuten (auch Physioth.) für zu niedrig, kommt aber auch daher das Patienten handeln wie auf dem Basar, was diese beim Arzt nicht tun würden, und Therapeuten das so mitmachen.

  5. Ich verfüge nicht über die Kenntnisse, das alles angemessen zu bewerten. Aber: Wenn mir eine Vereinbarung der Gebührenhöhe in die Hand gedrückt wird, in der sich der Therapeut auf verschiedene Abrechnungsziffern ausdrücklich bezieht, dann find ich’s komisch, wenn die aufgeführten Preise einfach nicht zu den Preisen der genannten Leistungsziffern passen. Dann sollte ein Therapeut doch lieber sagen, dass mit ihm die Preise frei vereinbart werden – und fertig. Kostenvoranschlag kann eingereicht werden, dann weiß doch jeder, woran er ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner