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Rücktritt in der Privaten Krankenversicherung und die Erfüllung der Versicherungspflicht, Urteil OLG Bamberg 1U 141/12

In Deutschland herrscht (nicht nur für die Krankenversicherung) Versicherungspflicht. Das bedeutet letztendlich nichts anderes, als dass für den Versicherten eine Verpflichtung besteht, eine (private oder gesetzliche) Krankenversicherung zu unterhalten und die Verpflichtungen daraus entsprechend zu erfüllen. Wer also seine Krankenversicherung heute kündigen möchte, der kann diese Kündigung zunächst einmal nur vorläufig aussprechen. Erst wenn der Nachweis erfolgt ist, dass eine weitere (Anschluss-) Versicherung besteht und diese den Vorgaben der Versicherungspflicht genügt, erst dann endet der vorhergehende Versicherungsschutz wirksam.

Doch was passiert bei Kündigung der vor Versicherung und späterem Wegfall des Anschlussvertrages?

Vor diesem Problem stehen Jahr für Jahr sowohl Kunden als auch Versicherer. Durch falsche Angaben im Antrag oder sonstige Probleme bei der Antragstellung kann der Versicherer zu einem Rücktritt berechtigt sein. Das passiert häufig durch eine Verletzung der so genannten „vorvertraglichen Anzeigepflicht”. Durch eine solche wird dann der abgeschlossene Vertrag rückwirkend nichtig (oder der Versicherer unterbreitet ein Angebot mit einem rückwirkenden Zuschlag) und es entsteht damit eine Zeit ohne Versicherungsschutz. Dieses darf aber aufgrund der vorliegenden Versicherungspflicht eigentlich nicht sein.

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Auch in meiner Praxis treten somit Verlauf, wo sich Interessenten bzw. Kunden an mich wenden und nicht mehr wissen wie sie die Versicherungspflicht erfüllen sollen. Eine weit verbreitete Meinung ist dann, wenn der Folge Versicherer zurücktritt muss doch der alte Vertrag wieder aufleben. Diese „Forderung“ ist zum Teil durchaus nachvollziehbar, denn durch den Wegfall des Folgevertrages folgte nach dem Ende der Vorversicherung direkt die Versicherungslücke.

Einen solchen Fall hatte auch das Oberlandesgericht Bamberg in einem Berufungsverfahren zu entscheiden. Hier ging es genau um einen solchen Versicherungsnehmer, welcher forderte das die private Krankenversicherung die er zuvor unterhielt und dann kündigte, nach dem Rücktritt der Folge Versicherung wieder in Kraft treten würde. Zur Vorgeschichte aus dem Urteil:

“Zwischen den Parteien bestand ein privater Krankenversicherungsvertrag, der die nach Paragraph 193 Abs. 3 Satz eins VVG bestehende Versicherungspflicht des Klägers erfüllte. Mit Schreiben vom 20.4.2009 kündigte der Versicherungsnehmer diesen Vertrag zum Ablauf des 31.12.2009. Der Kündigung war seinerzeit die Bestätigung der neuen Krankenversicherung beigefügt, in welcher diese ab dem 1.1.2010 eine gültige (der Versicherungspflicht genügende) Krankenversicherung bescheinigte. (…) Mit Schreiben vom 15.4.2011 erklärte der neue Krankenversicherer den Rücktritt vom Vertrag, weil der Kläger in seinem Antrag unzutreffende Angaben über seinen Gesundheitszustand gemacht hat. Der Kläger akzeptierte diesen Rücktritt.”

Mit der Klage gegen seinen ursprünglichen Versicherer begehrte der Versicherungsnehmer nun die Wiederinkraftsetzung des alten Vertrages, den er war der Meinung die Kündigung wäre unwirksam. Spätestens mit Wegfall des Folgevertrages (so meinte er) ist die Kündigung des alten Vertrages unwirksam und dieser bestünde somit weiter.

Warum unterstützten die Richter diese Meinung nicht?

Wer einen Vertrag mit einem anderen Partner abschließt, der hat nicht nur Rechte in diesem Vertrag sondern auch Pflichten. Neben der Pflicht zur Beitragszahlung bestehen weitere Nebenpflichten in einem Krankenversicherungsvertrag. Auf der Seite der Rechte besteht jedoch für den Versicherungsnehmer das Recht, einen solchen Vertrag mit einer entsprechenden Frist (drei Monate zum Versicherungsjahresende) auch zu kündigen. Dem Versicherer steht ein solches Kündigungsrecht zumindest in der Krankenversicherung die die Versicherungspflicht erfüllt, nicht zu. Macht der Versicherungsnehmer nunmehr von seinem Recht Gebrauch und möchte den Vertrag beenden,  so kann er das nur dann tun wenn er die Versicherungspflicht auch nach dem Ende des Vertrages nachweisen kann. Dieses geschieht in der Praxis durch eine so genannte „Folgeversicherungsbescheinigung“.

Bereits in der Vorinstanz wurde das Begehren des Klägers negativ beschieden. Warum das so ist, ist auch relativ einfach nachvollziehbar. In der Begründung des Hinweisbeschlusses des Oberlandesgerichtes Bamberg vom 6.12.2012 heißt es dann:

“Für die der Klage zugrunde liegende Rechtsansicht, bei Wegfall der Anschlussversicherung- vorliegend durch den Rücktritt des neuen Versicherers-lebe der ursprüngliche Versicherungsvertrag wieder auf, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Die Kündigungserklärung stellt die Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechtes dar und entfaltet nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen in dem Zeitpunkt, in dem Sie die rechtliche Wirksamkeit erlangt, ihre das Dauerschuldverhältnis beendende Rechtswirkung. Eine spätere “Rücknahme”  ist nicht möglich, vielmehr bedarf es zur Wiederherstellung des Dauerschuldverhältnisses des Abschlusses eines neuen Vertrages.”

Die Richter sehen somit keine Veranlassung, den alten Versicherer zu verpflichten in den damaligen Vertrag stand zurückzukehren. Insbesondere sehen sie hier auch ein praktisch nicht lösbares Problem, welches ich durchaus nachvollziehen kann.

Was macht die Sache so kompliziert?

Nehmen wir an es würde eine solche Verpflichtung für den alten Versicherer geben, dann wäre ja dieser in einem schwebend ungewissem Zustand, zumindest so lange wie für den Folge Versicherer die theoretische Möglichkeit bestünde von dem Vertrag wieder Abstand zu nehmen. Sei es durch Rücktritt, Anfechtung oder eine sonstige Möglichkeit der Lösung des Vertrages. Gerade bei Vorsatz oder Arglist besteht diese Verpflichtung zunächst einmal ohne eine zeitliche Beschränkung. Das würde wiederum bedeuten, dass der alte Versicherer „auf alle Zeit“ damit rechnen müsste, der Kunde käme zurück.

Dieses Problem hätten wir nicht nur bei der Kündigung einer privaten Krankenversicherung, sondern beispielsweise auch bei dem Wechsel aus der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) in die private Krankenversicherung (PKV). Somit könnte ein Vertrag der der Versicherungspflicht genügt(e) fast nie wirksam beendet werden, da sowohl der Kunde als auch der Versicherer nicht wissen können, ob der Folgeversicherer von seinen vertraglichen Rechten zum Rücktritt oder eine Anfechtung Gebrauch macht.

Kann man etwas dagegen tun?

Gegen diese Verfahrensweise können Sie nichts tun. Dennoch oder gerade deshalb sollten Sie sich dem Abschluss einer Krankenversicherung sehr genau informieren und dann die Angaben im Antrag sorgfältig ausfüllen und die Fragen vollständig beantworten. Damit nehmen Sie dem Versicherer die Möglichkeit wirksam von dem Vertrag zurückzutreten und können in eine solche Situation nicht kommen. Nach einem Rücktritt ist es meist sehr schwierig in einen anderweitigen Versicherungsschutz zukommen, denn oftmals sind (schwer wiegende) Vorerkrankungen vorhanden. Diese waren ja der Grund für den Rücktritt, denn in den meisten Fällen fallen Fehlangaben erst dann auf, wenn Rechnungen eingereicht werden.

Neben der richtigen Auswahl der privaten Krankenversicherung (dazu gehört eine genaue Festlegung der Leistungskriterien) gehört somit auch die sorgfältige Beantwortung der Gesundheitsfragen zu den äußerst wichtigen Punkten.

2 Kommentare

  1. Hallo, wieder ein sehr guter Bericht. Ich lese Ihre Seite sehr gerne und man sieht wieder welche Gefahren nach Vertragsabschluss entstehen können.

    Warum ist das in der PKV nicht anders geregelt? Es gibt viele Leute die einfach naiv in so einen Abschluss gehen und die Folgen nicht absehen können.

    Warum fordert die PKV nicht bei jedem Antrag zumindest ein Schreiben oder Attest des Hausarztes? Es geht um einen lebenslangen Vertrag für die meisten Menschen, da sind die paar Euro Gesundheitszeugnis doch keine hohe Investition?

    Grüße Frank

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