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Risikoprüfung und Gruppenverträge in der Privaten Krankenversicherung – das Märchen von einer Versicherung ohne Gesundheitsfragen und ohne Ablehnungsmöglichkeit

In der letzten Zeit häufen sich wieder Anfragen von Interessenten für die Private Krankenversicherung, die sich auf Presseartikel oder Aussagen in Internetforen beziehen wo eine Versicherung ohne Gesundheitsprüfung abgeschlossen werden kann. Sogar Menschen mit schweren Erkrankungen, psychotherapeutischen Behandlungen in den letzten Jahren oder sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen sollen dort versichert sein. Dazu müsse man nur einem Verein (z. Bsp. dem Tanzsportverein) oder einer Partei beitreten und schon ist der Weg in die Private Krankenversicherung möglich, so scheint es.

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Warum überhaupt eine Risikoprüfung in der PKV und wo liegen die Gefahren?

Um zu verstehen was es mit einer „vereinfachten“ Gesundheitsprüfung oder einem Annahmezwang auf sich hat schauen wir erst einmal eine „normale“ PKV an. Um sich in einem solchen Vertrag zu versichern, muss der Interessent recht umfangreiche Angaben über seinen Gesundheitszustand machen. Dabei sind die abgefragten Zeiträume ganz unterschiedlich. Während im Bereich der ambulanten Behandlung die Fragen meist 3 oder 5 Jahre in die Vergangenheit reichen, sind im stationären Bereich 5 oder 10 Jahre üblich. Auch Fragen die nicht auf einen Zeitraum begrenzt sind, finden sich in den Anträgen und bergen eine zusätzliche Gefahr. So schreibt die Debeka Krankenversicherung im Antrag:

„Bestehen Krankheiten, Unfallfolgen, körperliche oder geistige Schäden bzw. Anomalien (wie z. B. Herzfehler, psychische Störungen, Nervenerkrankungen, Augenerkrankungen, Schädigung des Bewegungsapparates, Stoffwechselstörungen, usw.), die zu den
bisherigen Gesundheitsfragen noch nicht angegeben wurden? Nr. Bei Wehrdienstbeschädigung, Berufskrankheit, Dienstunfall oder Schwerbehinderung bitte Anerkennungsbescheid beifügen.“

Damit sind zum Beispiel Allergien, irgendwann einmal festgestellte Veränderungen an der Wirbelsäule (auch wenn die zu keinen Beschwerden führen) anzugeben. So eine Frage kann man kaum richtig beantworten und stellt m.E. ein k.O.für einen Antrag dar. Andere Unternehmen fragen auch nach Beschwerden. Wer hatte denn noch nie Kopfschmerzen nach einem anstrengenden Tag, Rückenschmerzen nach zuviel Belastung oder dergleichen? Auch diese Frage ist fast nie richtig zu beantworten. So heißt es im Antrag der Universa:

Bestanden in den letzten 3 Jahren (auch nicht behandelte oder nicht medizinisch diagnostizierte) Krankheiten, Anomalien, gesundheitliche Beschwerden oder lagen andere Beeinträchtigungen, wie z.B. Sterilität, vor?

Genau darin liegt aber die Gefahr. Werden Fragen falsch beantwortet, so ist der Versicherer auch später noch berechtigt, die Risikoeinschätzung zu korrigieren, nachträglich Zuschläge zu verlangen oder gar vom Vertrag zurück zu treten. All das birgt unnötige und zusätzliche Hürden und Gefahren bei der Antragstellung und sind meist bei anderen Unternehmen zumindest vermeidbar. (Artikel zur Anzeigepflichtverletzung)

Kann ich mich entscheiden zwischen Ausschluss und Risikozuschlag?

Wenn eine Annahme nun aber nicht mehr zu normalen Bedingungen möglich ist, so bieten die Unternehmen einen Zuschlag an, der aber kann höchst unterschiedlich sein. Während zum Beispiel Versicherer A mit einem Zuschlag von 15 EUR für einen Heuschnupfen gut leben kann, folgt bei anderen ein Zuschlag von 25% auf den Beitrag oder gar eine Ablehnung. Daher ist es sinnvoll, sich nicht nur auf eine Einschätzung zu verlassen sondern vielmehr mit seinem Berater mehrere Alternativen anzufragen. Was in der Zusatzversicherung noch funktioniert, das geht in der Vollversicherung nicht- die Ausschlüsse. Es ist nicht möglich, den Heuschnupfen aus der Leistung der Privaten Krankenversicherung auszuschließen. Einmal weil es fast nicht abgrenzbar ist was denn genau dazu gehört, welche Folgen wären auch ausgeschlossen? Diese Diskussion im Leistungsfall zu diskutieren ist weder für den Versicherten noch für den Versicherer angenehm und zum 2. verstieße der Vertrag ggf. sogar gegen die Versicherungspflicht. Daher ist ein Zuschlag machbar, sich stattdessen für einen Ausschluss zu entscheiden ist normal nicht möglich.

Was ist bei dem Gruppentarif anders- gibt es da keine Gesundheitsfragen?

Bei den so genannten Gruppenverträgen gibt es zunächst einmal die gleiche Antragstellung und Antragsprüfung wie auch bei einem „normalen“ Antrag. Anders ist jedoch, das der Versicherer mit seinem Partner (der Partei, dem Verband oder dergleichen) eine vereinfachte Annahme vereinbart hat. In einigen Verträgen ist zudem geregelt, dass eine Ablehnung nicht erfolgen darf, stattdessen bietet der Versicherer einen Risikozuschlag an. Dieser kann dann aber auch schon mal 300, 500 oder gar 800% des Beitrages betragen und ist daher eher ein „Abwehrzuschlag“ statt eines ehrlichen Angebotes. So kommt die DKV (die mittlerweile der einzige echte Anbieter ist) ihrer Vereinbarung mit dem Partner nach und lehnt keinen ab, wer kann sich aber eine dreifache oder 5fache Prämie leisten?

Anders als in der Vollversicherung kann aber in der Gruppenversicherung zumindest über einen Ausschluss diskutiert werden. Wie weit dieser bei der vorhandenen Erkrankung überhaupt sinnvoll und machbar ist, das muss individuell geprüft werden, aber der Kunde hat das Recht einen solchen anstatt eines Zuschlages zu verlangen. Genaue Details finden sich in den jeweiligen Bedingungen des Versicherers.

Ist es ein wirklicher Annahmezwang?

Wie bereits oben bei den „Abwehrzuschlägen“ beschrieben, handelt es sich am Ende dann doch nicht um einen richtigen Annahmezwang. Da der Versicherer die Zuschläge individuell und ohne Begrenzung festlegen kann, ist eine Grenze nach oben nicht vorhanden- ein Zuschlag >200% kommt aber einer Ablehnung gleich. Einen tatsächlichen Zwang zu Annahme eines Antrages besteht für den Privaten Krankenversicherer nur im Basistarif. Hier hat der Gesetzgeber Vorschriften gemacht, wonach eine Ablehnung, ein Zuschlag oder Wartezeiten unmöglich sind.

In dem Artikel der Financial Times hat sich die DKV nun erklärt, alle Firmenkunden wolle man nicht mehr und trenne sich von einer Reihe von Gruppenverträgen.

„Die Konsequenz: Die DKV schließt zunächst alle Verträge für das Neugeschäft, das heißt, niemand kann sich mehr neu versichern. Den Firmen macht die DKV je nach Größe ein neues Angebot. Wer mehr als 1000 Mitarbeiter hat, kann den Vertrag mit kleineren Änderungen weiterführen. Bei 500 bis 1000 Mitarbeitern entfallen die bisher gewährten Rabatte.

Kleinere Firmen bleiben künftig außen vor – mit einer Ausnahme: Sie schließen eine betriebliche Krankenversicherung ab. Dabei kauft der Arbeitgeber für alle Mitarbeiter eine Zusatzversicherung. Im Geschäft mit Verbänden will sich die DKV künftig ausschließlich auf Freiberufler konzentrieren.“

Anscheinend hat die gewünschte Steigerung des Geschäftes nichts gebracht und es sind viel zu viele „schlechte Risiken“ in den Tarifen vorhanden. Es bleibt also spannend wie sich die Entwicklung fortsetzt.

Was Sie bei Vorerkrankungen tun können:

Zunächst klären Sie bitte alle Erkrankungen genau ab. Dazu besorgen Sie sich bitte- auch wenn der Arzt sich manchmal weigert- alle Unterlagen aus der Krankenakte. Nachdem Sie damit einen umfassenden Überblick haben, besprechen Sie mit einem spezialisierten Vermittler einmal, was genau machbar ist. Gerade bei der Psychotherapie herrscht immer wieder die Meinung vor, das wäre ein totales K.O. Kriterium und man müsse gar keinen Antrag stellen, wenn in den letzten 3, 5 oder 10 Jahren Behandlungen waren. Doch nur weil ein Unternehmen danach fragt, lehnt es ja bei einem „Ja“ als Antwort nicht gleich den Antrag ab. Also am besten nicht voreilige Schlüsse zielen und erst einmal Voranfragen starten.

Weitere Informationen:

Psychotherapie und die Versicherbarkeit in der PKV

Mein Arzt sagt: Der Versicherer soll bei mir anfragen, wenn er Unterlagen haben will

Schreiben an den Arzt zur Auskunft aus der Krankenakte (ausfüllbar)

Leitfaden zur Privaten Krankenversicherung

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