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Offener Brief an Finanztest und “Gesprächsrundenangebot”

In den letzten Tagen hat es einiges an Diskussion um den aktuellen Test zur Berufsunfähigkeitsversicherung durch die Zeitschrift Finanztest gegeben. Angesprochen auf die Kritik, hat die Redaktion eine Stellungnahme veröffentlicht, welches es für mein Verständnis noch um einiges schlimmer macht, als der ursprüngliche Test war, daher dieser offene Brief:

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OFFENER BRIEF AN

Stiftung Warentest

Redaktion Finanztest

Lützowplatz 11-13, 10785 Berlin

 

Bergen, 26. Juni 2013

Test zur Berufsunfähigkeitsversicherung in der Ausgabe 07/2013 der Zeitschrift Finanztest

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch in diesem Jahr hat die Redaktion mit dem Test der Produkte zur Berufsunfähigkeit ein heikles und für viele Kunden elementares Problemfeld angesprochen, denn nicht umsonst gehört die Absicherung gegen den Verlust der Arbeitskraft zu den wichtigsten Produkten in privaten Haushalten. Um so erschreckender sind die, von der Stiftung Warentest angewandten Kriterien, nach denen die Ergebnisse festgehalten wurden.

In verschiedenen Beiträgen, sowohl von Maklerkollegen, als auch von mir (siehe Links) wurden neben den Methoden der Tests auch die Auswahl und die Kriterien, welche zu dem Ergebnis geführt haben, bemängelt.

Artikel des Kollegen Helberg – Avanti Dilettanti

Mein Artikel zu den Fragen im Finanztest BU – Tal der Ahnungslosen

und der Kollege Simonov hat noch eine interessante Feststellung zur Kompetenz eines- so Finanztest- Spitzentarifs gemacht, schon toll, wenn man exakt drei Leistungsfälle hatte. Link: Der FinanzREST: BUkompetenz

Den Originalen Test gibt es bei Finanztest LINK zu Finanztest

Insbesondere die Tatsache, das laut Meinung der Finanztest nahezu 3/4 und mehr der Tarife gut bis sehr gut sind, verwundet nicht nur Fachleute, sondern mehr und mehr auch den Laien. Das bedeute ja im Umkehrschluss, das die Kriterien für die Auswahl (bewusst?) so gewählt wurden, um eine möglichst breite Masse an Tarifen gut bewerten zu können?

Verglichen mit einem Kauf eines Autos (das kann sich jeder Laie gut vorstellen), bedeutet dieses aber auch: Als Kriterien werden 4 Räder, zudem ein Lenkrad und mehr als 2 Sitze, ein Dach über dem Kopf und vielleicht noch etwas Licht am Auto zu Grunde gelegt. Ach ja, ein Motor natürlich auch. Das ist in etwas das, was Finanztest mit dem Ergebnis widerspiegelt.

In der Stellungnahme zu der Kritik, die meines Erachtens recht dürftig ausfällt, heisst es:

“Alle bean­standeten Prüf­punkte untersucht

Kritisiert wurde in den letzten Tagen, dass die Stiftung Warentest bei der Bewertung entscheidende Kriterien nicht berück­sichtigen würde. Die relevanten der als fehlend bean­standeten Prüf­punkte wurden in der Unter­suchung ebenfalls über­prüft. Im Ergebnis gab es hierbei aber keine gravierenden Auffälligkeiten. Darüber hinaus wurden die in Frage stehenden Punkte nicht als weitere Prüfkriterien in die Bewertung aufgenommen, da die Stiftung Warentest diese im Vergleich zu den heran­gezogenen Prüfkriterien als zu speziell oder weniger wichtig erachtet im Hinblick auf ein mögliches Existenz­risiko des Versicherten bei Berufs­unfähigkeit. Daher finden diese Punkte auch keine Erwähnung im Text. Trotzdem gilt: Hätte die Stiftung Warentest bei der Prüfung dieser Punkte gravierende Nachteile oder Auffälligkeiten für viele Kunden gefunden, so hätte sie darüber in der Tabelle oder im Text berichtet. Dem war aber nicht so.”

Daher folgende Fragen:

1.) Welche der “als fehlend beanstandeten Prüfpunkte” fanden den Weg in die Auswertung?

2.) Warum wurden diese nicht zumindest am Rande mit erwählt?

3.) Ist es Finanztest möglich, diese zu veröffentlichen, falls nein, warum wird dieses abgelehnt?

4.) Welche Qualifikation hatten die “Auswerter”, also er genau (Frage nach Qualifizierung, nicht nach der Person) hat die Tarifbedingungen der Gesellschaften ausgewertet?

5.) Wie konkret sah die Anfrage an die Gesellschaften aus? (oft entscheidet die Formulierung ja schon über das Angebot)

In dem Zitat aus der Stellungnahme oben ist die Rede von “Im Ergebnis gab es hierbei aber keine gravierenden Auffälligkeiten.”. Bedeutet das, das Finanztest alle der mit sehr gut bewerteten Tarife für gleichwertig hält?

6.) Ist es- so kam es auch im Chat an- laut Finanztest also so, dass sich der Kunde bei der Auswahl seines “sehr guten Tarifs” nur noch auf den Preis verlassen kann? (neben der Annahmepolitik und eventuellen Ausschlüssen natürlich)

In dem Chat zur Berufsunfähigkeitsversicherung am heutigen Mittwoch wurde die Frage nach einer unabhängigen Beratung gestellt. Finanztest hat daraufhin die Versicherungsberater und die Verbraucherzentralen empfohlen. Danach folgte eine Frage nach der Haftung der Verbraucherzentralen, welche nicht beantwortet wurde. Daher folgende Fragen:

7.) Haftet Finanztest für eine Empfehlung? Konkret: Wählt ein Kunde einen “sehr guten Tarif” aus und sucht sich dann unter diesen den “billigsten” heraus, steht Finanztest zu der Aussage?

8.) Wurden externe Experten zu dem Test befragt und ggf. bei der Auswertung herangezogen? Falls ja, wer?

In der Praxis weisen diese Tarife meines Erachtens immense Unterschiede auf und die Aussage ist fatal. Dem Interessenten wird hier suggeriert, dass er “sehr gut” bewertete Tarife ruhigen Gewissens abschließen kann, da diese alle Mindestkriterien erfüllen und die weiteren Kriterien “keine weiteren gravierenden Auffälligkeiten” ergeben haben.

Ich freue mich auf eine weitere Diskussion. Gern können Sie die Antworten auf Ihrer Seite zur Verfügung stellen, oder an mich per Mail an hennig@online-pkv.de senden, ich werde diese gern hier einstellen.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Hennig

-Versicherungsmakler-

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Angebot für eine Gesprächsrunde:

Ich spreche (glaube ich) auch im Namen vieler Kollegen. Es geht keinesfalls um einen “Shitstorm” gegen Finanztest, sondern nur um eine konstruktive Kritik, welche leider auch durch die Stellungnahme die Finanztest abgegeben hat, nicht wirklich erhört wurde. Daher bieten wir als Makler an, eine Gesprächsrunde zu veranstalten, zu der neben Makler und Finanztest auch gern weitere Experten eingeladen werden können.

Hier ließe sich die Art und Weise des Tests, Kriterien für eine passende BU und auch die Relevanz bestimmter Aussagen in den Bedingungen diskutieren. Sollte Finanztest daran Interesse haben und sich im Sinne einer offenen Politik für das Verbraucherinteresse einsetzen, so stehen wir gern zur Verfügung.

5 Kommentare

  1. Sollten Sie tatkräftige Unterstützung in den Gesprächen brauchen, ich bin dabei, kann ja nicht nur im TV meinen Unsinn äußern. 😉

  2. Sie haben meine volle Unterstützung. Ich stimme Ihnen im Wesentlichen zu, nicht ganz im Bereich Ihrer Kommentare zu “So geht es günstiger”, aber sonst komplett.

  3. Hallo Herr Hennig,

    zur Einleitung weisen wir nochmals darauf hin, dass in unserem Test weitaus mehr Kriterien geprüft wurden, als von Ihnen und ihren Kollegen angemerkt. Der für Sie entscheidende Knackpunkt ist, dass nicht alle diese Kriterien auch in die Bewertung eingeflossen sind. Dies hat aber gute Gründe, siehe dazu auch die nachfolgenden Antworten und die bereits erfolgten Antworten auf die Fragen von Herrn Helberg. Unser Testfokus liegt ganz klar auf der Existenzsicherung im Falle der Berufsunfähigkeit und er ist deshalb so konzipiert, dass er auf eine Mehrzahl der Verbraucher anwendbar ist – quasi das „must have“. „Nice to have“ Kriterien, die vor allem in der Individualberatung relevant sind oder Kriterien, die aus Verbraucherschutzsicht schwer klar positiv oder negativ zu werten sind, flossen entsprechend nicht in die Note ein und wurden „nur“ auf gravierende Auffälligkeiten geprüft.

    1. “Welche der “als fehlend beanstandeten Prüfpunkte” fanden den Weg in die Auswertung?”

    Die als fehlend beanstandeten Punkte flossen nicht in die Bewertung ein, wurden aber durchaus geprüft.

    2. “Warum wurden diese nicht zumindest am Rande mit erwählt?”

    Es kann in diesem Fall kein „am Rande“ geben, entweder ein Punkt fließt direkt in die Bewertung ein oder nicht. Warum bestimmte Kriterien nicht in die Bewertung einflossen, ist das Ergebnis umfangreicher Expertendiskussionen zwischen unseren Fachleuten, dem Fachbeirat (besetzt durch Vertreter der Versicherungsanbieter, -vermittlern, Verbraucherschützern und Wissenschaftlern) sowie die Erfahrungen und Anregungen aus den vergangenen Jahren. Bei jedem Kriterium wurde genau abgewogen, welche Relevanz es für unseren Test hat. So gibt es bei vielen Punkten sowohl pro und contra, warum diese unter Verbrauchergesichtspunkten relevant oder weniger relevant sein können. Hier ist nochmals darauf hinzuweisen, dass unser Test ganz klar den Fokus auf Existenzsicherung im Falle der Berufsunfähigkeit legt mit Hinblick auf Anwendbarkeit bei der Mehrzahl der Verbraucher. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen Verbraucher auf Grund spezieller Lebens- und Berufsumstände davon abweichende Bedürfnisse haben. Wir empfehlen diesen auch idealerweise unsere Checkliste, die auch nicht in die Bewertung eingeflossene Kriterien enthält, zusammen mit einem Versicherungsmakler durchzugehen, um das für sie ideale Produkt zu identifizieren.

    3. “Ist es Finanztest möglich, diese zu veröffentlichen, falls nein, warum wird dieses abgelehnt?”

    Diese Frage ist für uns nicht ganz nachvollziehbar. Welche Kriterien in die Bewertung einflossen, haben wir im Test unter „So haben wir getestet“ dargelegt. Wie bereits erwähnt, sind die anderen Kriterien nicht unter den Tisch gefallen, sondern wurden auf gravierende Auffälligkeiten, die einen existenzbedrohenden Nachteil haben könnten, geprüft.

    4. “Welche Qualifikation hatten die “Auswerter”, also er genau (Frage nach Qualifizierung, nicht nach der Person) hat die Tarifbedingungen der Gesellschaften ausgewertet?”

    An unseren Tests arbeiten ausgebildete Fachleute aus verschiedenen Bereichen mit einschlägiger Berufserfahrung im Finanzdienstleistungssektor – Versicherungsfachleute, Juristen, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler – zusätzlich zu dem beratenden Fachbeirat, dessen Know How ebenfalls in die Gestaltung des Tests einfließt. In einen solchen Test ist nicht nur eine Person involviert, sondern eine Vielzahl, um eine möglichst breite Prüfung unter allen relevanten Gesichtspunkten zu gewährleisten.

    5. “Wie konkret sah die Anfrage an die Gesellschaften aus? (oft entscheidet die Formulierung ja schon über das Angebot)”

    Auch diese Frage geht an unserer eigentlichen Testarbeit vorbei. Wir entwerfen Modellkunden und fordern bei den Versicherungsgesellschaften Angebote zu den „Lebenswirklichkeiten“ dieser Modellfälle ein. Wie diese Modellkunden zumindest grob „aussehen“, ist unserem Test zu entnehmen. Grundlage für unsere Auswertung und Bewertung sind die kompletten und gedruckten Versicherungsbedingungen, wie sie auch ein realer Kunde erhalten würde.

    6. “In dem Zitat aus der Stellungnahme oben ist die Rede von “Im Ergebnis gab es hierbei aber keine gravierenden Auffälligkeiten.”. Bedeutet das, das Finanztest alle der mit sehr gut bewerteten Tarife für gleichwertig hält?”

    Ganz klar und deutlich: Nein! Worauf Sie anspielen, ist allein das Gesamturteil. Dieses setzt sich allerdings aus verschiedenen Gruppenurteilen und den verschiedenen Rahmenbedingungen in den einzelnen Angeboten zusammen. D.h. wo ein Angebot eventuell einen Vorteil hat, verliert es gegebenenfalls an anderer Stelle zu einem Vergleichsangebot. Es ist generell bei all unseren Tests so, dass ein Kunde selbst prüfen kann und soll, in welchen Einzelkriterien ein Produkt besonders gut abschnitt und welche für ihn eine besonders wichtige Präferenz haben.

    Oder um es plastisch auszudrücken: Ihnen mag der Zoomfaktor bei einer Digitalkamera besonders wichtig sein, einem anderen Kunden dagegen die Auflösung. Also wählen Sie eher die Kamera mit sehr guter Bewertung bei Ihrem Hauptkriterium, Kunde B dagegen jene mit der besten Auflösung. Dennoch können beide Kameras in der Gesamtbewertung das gleiche Qualitätsurteil besitzen.

    Gerade in dem hier diskutierten Test ist es für den Kunden empfehlenswert, sich die besten Angebote vorzunehmen und dann im Detail – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einem Makler – eine individuelle Prüfung in Abhängigkeit zu seiner speziellen Lebenssituation vorzunehmen, um das optimale Produkt zu identifizieren. Auch wenn die anderen Kriterien eine untergeordnete Rolle für die Existenzsicherung spielen, können sie in der Endauswahl den Ausschlag geben. Um auf Ihren Autovergleich vom Anfang zurückzukommen: Während wir die Fahrtüchtigkeit und Motorleistung testen, kann bei zwei in diesen Punkten gleichwertigen Modellen dann das Design oder der Lederbezug der Sitze den finalen Ausschlag bei der Wahl des für den Kunden optimalen Wagens geben.

    7. “Ist es- so kam es auch im Chat an- laut Finanztest also so, dass sich der Kunde bei der Auswahl seines “sehr guten Tarifs” nur noch auf den Preis verlassen kann? (neben der Annahmepolitik und eventuellen Ausschlüssen natürlich)”

    Wir machen keine individuelle Kundenberatung. Der Kunde macht nichts falsch, wenn er sich in einem unserer Modellfälle wiederfindet und eines der „sehr gut“ getesteten Produkte wählt. Will er noch tiefer in die Materie einsteigen bzw. das Produkt noch optimaler auf seine Bedürfnisse abstimmen, empfehlen wir die Durcharbeitung unserer Checkliste gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einem Versicherungsmakler. Ansonsten siehe auch Punkt 6.

    8. “Haftet Finanztest für eine Empfehlung? Konkret: Wählt ein Kunde einen “sehr guten Tarif” aus und sucht sich dann unter diesen den “billigsten” heraus, steht Finanztest zu der Aussage?”

    Wir machen keine Einzelberatung und haften daher auch nicht. Des Weiteren werden unsere Ergebnisse und Empfehlungen nicht unter einem provisionsorientierten Interesse veröffentlicht, was ja einer der Gründe für die Haftung ist, um dem Zwiespalt zwischen Provision und guter Beratung Rechnung zu tragen.

    9. “Wurden externe Experten zu dem Test befragt und ggf. bei der Auswertung herangezogen? Falls ja, wer?”

    Ja, siehe unter anderem bereits Punkt 2. Die Fachbeiräte werden bei jeder neuen Untersuchung auch neu zusammengesetzt und die Interessenverbände der einzelnen Berufsstände können Vorschläge für entsprechende Vertreter unterbreiten. Wir werden nicht die Persönlichkeitsrechte der Mitglieder des Fachbeirates verletzen und ihre Namen aufzählen.

    Viele Grüße
    Team Versicherungen und Recht
    Redaktion Finanztest

    • Hallo Hr. Hirsch,

      danke für die Antworten, ich schaue mir die am WE bzw. am Montag mal genauer an und schreibe dann was dazu. Einiges scheint mir nach wie vor noch nicht klar, aber wie gesagt, Danke für die Antworten und Ihre Zeit.

      Sven Hennig

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