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Die MEG AG, “komische Vertriebe” und die Folgen für Versicherungsnehmer und Versicherer

Da lief er wieder, der Film “Versicherungsvertreter – Die erstaunliche Karriere des Mehmet Göker”. Der WDR zeigte den Film gestern Abend und berichtetet daher eindrucksvoll wie Vertrieb in der privaten Krankenversicherung ausgesehen hat. Herr Göker hat nicht nur den Zuschauern, sondern gerade den Versicherern gezeigt wie man sich erfolgreich von Vertrieben abhängig macht und natürlich will heute von den meisten Gesellschaften niemand mehr etwas davon wissen. Leider gibt es auch heute noch teilweise sinnlose und unsinnige Umdeckungen in der privaten Krankenversicherung, aber eben auch in anderen Versicherungssparten.

Was der Zerfall des Göker Vertiebes MEG für die Kunden bedeutet hat, das habe ich bereits in einem älteren Blogbeitrag ausführlich beschrieben und empfehle daher diesen noch einmal aufzurufen. –> MEG AG meldet Insolvenz an – was bedeutet das für Kunden?

Auch wenn durch gesetzliche Regelungen wie die Verlängerung der Stornohaftung und die Deckelung der Courtagen die Anreize für solche Methoden verringert worden sind, so schaffen es auch heute noch Unternehmen (vermutlich im größeren Stil) umzudecken, wie man an diesem Beispiel der Impuls AG sehen konnte. Doch welche Folgen hat das für die Vertriebe, Versicherer und natürlich zuerst für den Kunden? Dazu schauen wir uns zunächst einmal die Unterschiede der Vertriebsmethoden an.

Welche unterschiedlichen Vermittler kennt der Markt?

Zuerst einmal der bekannteste und am weitesten verbreitetste Vertriebsweg, der Versicherungsvertreter. In Zeiten wo Hr. Kaiser als Werbefigur der Hamburg Mannheimer die deutschen Fernsehbildschirme betrat, da war schien die Welt noch in Ordnung. Der Versicherungsvertreter ist auch vom Kunden leicht zu erkennen, denn er arbeitet für eine Gesellschaft und tritt als deren Vertreter auf. Daher kann er auch nur diese eine Gesellschaft anbieten, was der Kunde in den meisten Fällen einfach erkennen kann.

Dann gibt es die so genannten Mehrfachagenten. Sie stehen wie der Vertreter rechtlich auf der Seite des Versicherers und vertreten auch dessen Interessen. Unterschied zum erstgenannten besteht aber darin, dass dieser Mehrfachagent aber durchaus für mehrere Gesellschaften tätig sein kann. Das heisst nicht, das die Beratung unabhängig ist, denn die rechtliche Stellung im Lager des Versicherers bleibt bestehen.

Der dritte und nach aktuellen Studien ansteigende Weg ist der, des Versicherungsmaklers. Als solcher bin ich auch tätig und wir sind als Makler gesetzlich dem Lager des Kunden zugeordnet. Der Makler ist als so genannter Sachwalter des Kunden nur diesem verpflichtet und muss seine Tätigkeit unabhängig von Interessen des Versicherers ausüben.

Mehr Infos und Details zu den Vertriebswegen gibt es im Beitrag: Wie finde ich den passenden Makler, Berater, Vertreter und woran erkenne ich diesen? Nur weil ein Vermögensberater oder Finanzberater als solcher auftritt, heisst es nicht das dieser unabhängig ist. Am Beispiel der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) ist das gut zu erkennen, denn diese sind als “Gebundener Versicherungsvermittler” eben an die Partnergesellschaften gebunden und nicht unabhängig (als Makler) tätig.

Wer ist denn gut und an wen soll ich mich wenden?

Eine pauschale Aussage welcher Vertriebsweg für Sie der richtige ist, die gibt es nicht. Auch die weiterhin am Markt agierenden Versicherungsberater sind nicht für jeden geeignet. Diese sind nicht als Vermittler tätig, sondern beraten gegen ein Honorar über ein bestimmtes Produkt oder eine Absicherung. Auch Vertreter einer Gesellschaft können eine gute Beratung abliefern und tun das durchaus nach meiner Erfahrung. Wer “nur” die Tarife seines Unternehmens kennen muss, da sollte man erwartet das dieses auch passiert. Leider sind Verkaufsdruck auf der einen und Umsatzziele auf der anderen Seite nicht immer optimal.

Bei Mehrfachagenten ist es für den Kunden oftmals schwer zu erkennen und daher verwirrend. Oftmals wird dort eine unabhängige und mit dem Makler vergleichbare Beratung suggeriert, was aber schon rechtlich nicht möglich ist. Daher ist hier in der Praxis die größte Vorsicht geboten, zumindest sollte vor der Beratung klar sein wer da am Tisch sitzt.

Aber auch bei Maklern gibt es natürlich keineswegs nur “die Guten”, gerade hier sind viele “Kollegen” teilweise sehr überfordert. Klar- wer sich nicht spezialisiert oder sich für bestimmte Gebiete den Rat qualifizierter Kollegen holt, der kann nur “schlechter” sein als der Vertreter. Wer soll sich bitte alle Tarife aller Gesellschaften in allen Sparten merken können und über Änderungen informiert bleiben? Das ist schon für zwei, drei Sparten schwer, geschweige denn für den ganzen Markt. Leider erlebe ich auf meinen Veranstaltungen immer wieder Kollegen die zwar Krankenversicherungsprodukte verkaufen, aber eigentlich nicht wissen was sie da tun und eben nur das “nachplappern” was der Maklerbetreuer gestern bei seinem Besuch erzählt hat. Da kann der Kunde oftmals froh sein, wenn gestern gerade der Betreuer der “richtigen” Gesellschaft da war, dann passt vielleicht auch das Produkt.

Was sind denn “komische” Vertriebe?

Ich werde eines nicht tun, ich werde hier sicher keine Namen von Vertrieben nennen, welche ich für bedenklich halte. Das hat zum einen wettbewerbsrechtliche Gründe, zum anderen würde ich dem einen oder anderen Mitarbeiter dort Unrecht tun, denn auch in den Vertrieben gibt es gute und schlechte Mitarbeiter. Das Problem hier ist aber, selbst wenn der Vertrieb als Makler auftritt, so hat er doch seine bevorzugten Gesellschaften. Das muss auch (strukturell bedingt) so sein, denn nur so ist es finanziell lohnend und strukturell händelbar. Für den Kunden ist es leider die schlechtere Lösung, denn so werden diesem vielleicht die Gesellschaften angeboten, welche zwar auch passen, vielleicht aber nicht optimal.

Bevor Sie also eine Beratung bei einem Vertrieb, Vermögensberater, Finanzoptimierer oder Finanzplaner die “so individuell sind wie Sie” beginnen, so hinterfragen Sie nicht nur die Qualifikation des Beraters, sondern eben auch die Struktur des Unternehmens, Verbindungen zu Gesellschaften oder “Premiumpartnern” und den rechtlichen Status.

Und wie finde ich nun “meinen” Berater? 

Das ist grundsätzlich gar nicht so schwer. Zunächst einmal informieren Sie sich vor Ort oder im Internet zu dem gewünschten Thema der Beratung und schaffen sich somit eine Grundlage an Basiswissen und Kenntnissen. Dann wählen Sie einen, zwei, drei Berater aus, informieren sich zu den oben genannten Faktoren wie Qualifikation, rechtlichen Status etc. und vereinbaren dann (Telefon-) Beratungstermine. Im ersten Termin können Sie Ihre Wünsche darlegen und “sich beschnuppern”. Wer ihnen hier bereits eine Produktempfehlung gibt oder sofort “das tollste und beste” Produkt anbietet, der hat meiner Meinung nach den Job nicht verstanden und Sie sollten genau überlegen wie Sie hier weiter machen.

Eine solche Erstberatung sollten Sie im Anschluss kritisch hinterfragen. Dabei sind Fragen wie:

Wurden meine Fragen beantwortet?

Hat der Berater die nötige Qualifikation?

Habe ich mich gut beraten gefühlt?

Bestand ein Verkaufsdruck oder muss unbedingt jetzt gleich abgeschlossen werden, weil es ja morgen schon teurer werden kann?

Wenn Sie dann ein gutes Gefühl haben (und JA, auch das Bauchgefühl und die “Chemie” müssen passen) dann machen Sie weiter und gehen in die nächste Stufe der Beratung. Denn wenn Sie dieses “gute Gefühl” nicht haben, so werden Sie kaum offen über Wünsche, Ziele und später auch über sehr persönliche Angaben zu finanziellen und gesundheitlichen Verhältnissen reden können und ihr Berater gibt dann vielleicht einen falschen Rat, denn wer falsche Grundlagen annimmt, der kann unmöglich richtig beraten und diesmal völlig ohne Schuld des Beraters.

Fazit:

Glauben Sie keinen Werbeversprechen! Versicherungen sind wirtschaftlich denkende Unternehmen und werden das leisten, was vertraglich vereinbart ist, aber meist keine Kulanz- warum auch- dafür haben diese auch keine Prämie kalkuliert und Sie keine gezahlt.

Unterschreiben Sie ein Produkt immer erst, wenn Sie den Inhalt verstanden haben. Klar gibt es spannenderes als das Lesen vom Kleingedruckten, aber die Versicherungsbedingungen entscheiden nunmal darüber, ob und wenn ja was genau geleistet wird. Daher müssen Sie diese “verdammt noch mal” lesen und verstehen! Lesen geht aber auch mit dem Berater zusammen oder gerade mit dem, denn hier werden Sie auf Schwachstellen und Verknüpfungen hingewiesen und werden sehen, was ein kleines Wort schon für Unterschiede macht und nun…. Viel Erfolg!

Weitere Informationen:

Leitfäden zur Privaten Krankenversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung (hier auch mit Gegenüberstellung guter und schlechter Bedingungsaussagen)

Auswahlkriterien für die Private Krankenversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung mit Fragen zum “Gedanken machen”

2 Kommentare

  1. Vieles das ich hier gelesen habe, kann ich unterstreichen.

    Ich suche Gerichtsurteile in denen bewiesen wurde das Vermögensberater Falschberaten haben: z.B. bei vorhanden Kompositvers. eine Umbrellalösung gemacht haben um die KFZ Vers. günstiger zu verkaufen!
    oder!! Riesterüberträge bei bestehenden besser verzinsten Vorversicherungen, BU Absicherung ohne durchlaufen hohe Rente, oder /und mit BU-Rente 200€ im Monat!
    Also Versicherungen die leider nur durch die Gutmüdigkeit/blindes Vertrauen zum Vermögensberater zustande kamen. Welche Einwände hatten Erfolg um dies Absicherung RÜCKWIRKEND aufzulösen??

    • Hallo Hr. Lieblein,

      so sehr ich den Wunsch nach solchen Urteilen verstehen kann, wir / ich betreiben hier keine Hetze gegen Vermögensberater. Schwarze Schafe gibt es überall, weisse auch. Da Vermögensberater Vertreter sind, wird meist bei einer solchen Klage nicht der Berater sondern eben die Gesellschaft verklagt, das nur als Hinweis.

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